Verbände nehmen Scholz beim Klimaschutzgesetz in die Pflicht

Verbände nehmen Scholz beim Klimaschutzgesetz in die Pflicht
Nächste Woche berät der Bundestag erstmals über die Reform des Klimaschutzgesetzes. Den Regierungsplänen zufolge sollen die verbindlichen jährlichen Sektorziele zur CO2-Minderung abgeschafft werden. Ein Klimabündnis beklagt Rechtsbrüche.

Berlin (epd). Kirchen und Verbände warnen vor einem schwachen Klimaschutzgesetz und sehen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Pflicht. Die Klima-Allianz Deutschland und ihr Mitglied Diakonie Deutschland stellten am Donnerstag in Berlin eine Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) vor, wonach der bestehende Expertenrat für Klimafragen in seiner Kontrollfunktion gestärkt und Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erleichtert werden müssten. Scholz solle als „Klima-Kanzler“ eine stärkere Führungsrolle einnehmen. Es drohe „ein Auseinanderfallen zwischen gesetzlich verbindlichen Klimaschutzzielen und ihrer Einhaltung in der Praxis“, heißt es weiter.

Der deutsche Treibhausgas-Ausstoß soll bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, enthält das Klimaschutzgesetz festgelegte Etappenziele für die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. In den vergangenen beiden Jahren wurden bei Verkehr und Gebäuden die Klimaziele verfehlt. Vor allem der Verkehrssektor hinkt bei der CO2-Minderung deutlich hinterher. Künftig soll es die verbindlichen jährlichen Sektorziele nicht mehr geben. In der kommenden Woche steht im Bundestag die erste Beratung der Reform auf der Tagesordnung. Das Klimabündnis will mit Abgeordneten sprechen und sich dafür einsetzen, dass das Gesetz im Parlament gestärkt wird.

Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz, verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021, wonach die Hauptlast im Kampf gegen den Klimawandel nicht künftigen Generationen aufgebürdet werden darf. Die Regierung sei durch das Grundgesetz verpflichtet, Maßnahmen gegen die Erderhitzung zu ergreifen, sagte sie. „Doch seitdem beobachten wir, dass im Grunde ein Rechtsbruch den nächsten jagt.“ Es sei die zentrale Aufgabe des Kanzlers, den Rechtsstaat zu wahren. Das nehme er jedoch nicht ausreichend wahr.

In der Studie wird für die Klärung von Streitfragen zum Klimaschutzgesetz auch die Möglichkeit von Umweltverbandsbeschwerden beim Verfassungsgericht vorgeschlagen. Damit würde eine weitere Kontrollinstanz eingeführt und das Klimaschutzgesetz gestärkt.

Langkamp verwies auf mehrere Klagen, die derzeit beim Berliner Oberverwaltungsgericht verhandelt werden. Geklagt haben unter anderem die Deutsche Umwelthilfe und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, die die Einhaltung der Klimaziele in den Sektoren Gebäude und Verkehr fordern. „Was uns auch an dieser Stelle erzürnt ist, dass diese Klagen natürlich mit einer Novelle des Gesetzes unwirksam werden“, sagte sie. Die Klagen liefen seit mehreren Jahren. „Jetzt zieht sich im Grunde die Bundesregierung aus der Affäre, indem sie das Klimaschutzgesetz schwächt.“

Ein weiterer Vorschlag ist der einer automatischen CO2-Preis-Erhöhung bei einer Zielverfehlung. Dies würde die Regierung unter hohen Handlungsdruck setzen. Zugleich sei die Einführung eines sozialen Ausgleichs in Form des Klimageldes von zentraler Bedeutung. Diakonie-Vorständin Maria Loheide forderte, das Klimageld ohne weitere Verzögerung sozial gerecht umzusetzen. Bislang ist unklar, wann das Klimageld kommt.