Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Forderungen der FDP nach einem Stopp des Rückbaus abgeschalteter Kernkraftwerke zurückgewiesen. „Das Thema Kernkraft ist in Deutschland ein totes Pferd“, sagte Scholz im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks. Die Kernkraft sei zu Ende, der Ausstieg gesetzlich erfolgt, unterstrich der Kanzler. Wer neue Kernkraftwerke bauen wollte, bräuchte dafür 15 Jahre und müsste dafür 15 bis 20 Milliarden Euro pro Stück ausgeben.
Scholz betonte, dass die Bundesregierung auf den Ausbau der erneuerbaren Energien setze. Mit Windkraft, Solarenergie, Wasserkraft und Biomasse wolle man bis Ende des Jahrzehnts 80 Prozent des Strombedarfs decken - „und kurz danach sogar alles, was erforderlich ist“, erklärte der Bundeskanzler. „Und das ist der Weg, den wir jetzt gehen.“
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte zuvor den Ausstieg aus der Atomkraft in Frage gestellt. Angesichts der angespannten Lage auf dem Strommarkt halte er es für klug, den Rückbau der noch funktionierenden Kernkraftwerke zu stoppen, erklärte er.
Mitte April waren die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gegangen: Abgeschaltet wurden die Kraftwerke Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erklärte, es sei ein Fehler gewesen, in der Energiekrise die Kernkraftwerke nicht noch drei oder vier Jahre länger laufen zu lassen. „Jeder Beitrag zur Senkung der Strompreise wäre aktuell von großem Nutzen“, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag).
Gleichzeitig kritisierte Grimm die Forderungen nach einem Wiedereinstieg in die umstrittene Technologie. „Angesichts der sehr polarisierten Diskussion in Deutschland zur Kernkraft gäbe es wohl nur neuen endlosen Streit, wenn man jetzt das Fass Neubau von Atomkraftwerken auch noch aufmacht“, erklärte sie. Deutschland brauche klare Rahmenbedingungen in der Energiepolitik, betonte Grimm.