Experte: Westliche Politik führt zu Bedeutungsgewinn der Brics-Länder

Experte: Westliche Politik führt zu Bedeutungsgewinn der Brics-Länder
22.08.2023
epd
epd-Gespräch: Niklas Hlawitschka

Brüssel, Berlin (epd). Die bevormundende Art westlicher Industrienationen in der internationalen Zusammenarbeit führt nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Günther Maihold zu einem Bedeutungsgewinn der Brics-Staaten. „Wenn man an globale Probleme heranwill, und wirklich versuchen will, diese zu lösen, wird das nicht mit dem moralischen Zeigefinger funktionieren“, sagte Maihold dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dass sich immer mehr Staaten für eine engere Anbindung an das Bündnis aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika interessierten, sei auch ein Versuch, Selbsthilfemechanismen zu entwickeln.

Am Dienstag begann im südafrikanischen Johannesburg ein zweitägiger Gipfel der Brics-Länder. Laut Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor haben mehr als 40 Länder zuletzt Interesse an einem Brics-Beitritt gezeigt, darunter Saudi-Arabien, Argentinien und Äthiopien.

Attraktiv mache die Brics-Staaten vor allem, dass sie ihre Angebote für Kredite und Entwicklungshilfen nicht so stark an Konditionen knüpften, wie die westlichen Industrienationen, erläuterte Maihold. In einer Zusammenarbeit sähen viele Länder des globalen Südens so die Möglichkeit, ihre eigenen Interessen besser durchzusetzen. Das Versprechen der Brics-Länder, neutral zu agieren und auf die Souveränität der Staaten zu setzen, stehe in Kontrast zur Politik des Westens, der mit Sanktionen arbeite und einzelne Akteure isoliere. Er beobachte, dass die von der EU und anderen westlichen Akteuren gesetzten Standards in vielen Ländern als einseitig wahrgenommen würden, sagte Maihold.

Dass die Brics-Staaten sowohl hinsichtlich ihrer Wirtschaftsleistungen als auch ihrer Politik sehr heterogen seien, sieht Maihold als Chance des Verbunds. Dies signalisiere anderen Staaten, dass eine Zusammenarbeit möglich sei, auch ohne strenge Auflagen zu erfüllen. Gerade ihre Heterogenität mache die Gruppe für eine Vielzahl unterschiedlicher Länder anschlussfähig.

Auch Deutschland und Europa seien umfassend auf Partnersuche, insbesondere um den Zugang zu strategisch wichtigen Rohstoffen abzusichern. Hier muss es laut Maihold darum gehen, eine gemeinsame Position mit den Rohstoff-liefernden Ländern zu erarbeiten, und nicht an alten Mustern festzuhalten, wonach „die Rohstoffe abgebaut, auf Schiffe verladen und irgendwo anders weiterverarbeitet werden“. „In solchen Fragen können sie sich natürlich schnell darauf einigen, dass sie gegenüber den Industrieländern eine gemeinsame Position vertreten wollen.“

Die globale Bedeutung der Brics-Staaten ist laut Maihold auch von der Position abhängig, die die westlichen Industrienationen einnehmen. Diese müssten die Länder des globalen Südens als aktive Partner betrachten und sie in die Lösung globaler Probleme einbeziehen.