Berlin, Quito (epd). Bei den Präsidentschaftswahlen in Ecuador wird es eine Stichwahl zwischen der linksgerichteten Politikerin Luisa González und dem rechtsgerichteten Daniel Noboa geben. Nach Auszählung von rund 85 Prozent der Stimmen kam González auf 33 Prozent und Noboa auf knapp 24 Prozent, wie die Wahlbehörde CNE in der Nacht zum Montag (Ortszeit) mitteilte. Die Abstimmung verlief unter starken Sicherheitsvorkehrungen. Aufgrund der Gewalt im Land hatte Präsident Guillermo Lasso, der nicht noch einmal antrat, den Ausnahmezustand verhängt. Das Militär patrouillierte in den Städten und vor den Wahllokalen.
Nach dem ecuadorianischen Wahlrecht müssen mindestens 40 Prozent und zehn Prozentpunkte Abstand zum Zweitplatzierten für einen Sieg in der ersten Runde erreicht werden. Die Stichwahl ist für den 15. Oktober angesetzt.
González wird von dem linkspopulistischen Ex-Präsidenten Rafael Correa (2007 bis 2017) unterstützt, der inzwischen wegen Korruption verurteilt ist und in Belgien lebt. „Heute beginnen wir, Geschichte zu schreiben“, sagte sie vor Anhängern in der Hauptstadt Quito. Der 35-jährige Bananenunternehmer Noboa will vor allem der Jugend im Land eine Stimme geben. „Wir brauchen ein neues Ecuador“, sagte er.
Der Wahlkampf war von dem Mord an dem Präsidentschaftsbewerber Fernando Villavicencio vom Mitte-Links-Bündnis Construye überschattet. Der 59-Jährige wurde zehn Tage vor der Wahl auf offener Straße von Drogenbanden erschossen. Als Journalist und Abgeordneter hatte er immer wieder die weit verbreitete Korruption in Ecuador kritisiert und der Politik Verbindungen zur organisierten Kriminalität vorgeworfen. Für Villavicencio trat der Journalist Christian Zurita an, der mit 16 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz kam.
Ecuador galt noch vor ein paar Jahren als eines der sichersten Länder in Südamerika. Inzwischen ist das Land aufgrund seiner strategisch günstigen Lage zwischen den größten Drogenanbaugebieten Kolumbien und Peru sowie seinen Pazifikhäfen zum Hauptumschlagplatz für Kokain nach Europa geworden. Die organisierte Kriminalität, allen voran das mexikanische Sinaloa-Kartell, kämpft mit lokalen Banden um die Vorherrschaft im Drogenhandel. Seit 2020 hat sich die Gewalt im Land verdreifacht. Polizei, Politik sowie Teile der Justiz sind von der organisierten Kriminalität unterwandert.
Die vorgezogenen Wahlen waren nötig geworden, weil der konservative Präsident Lasso im Frühjahr das Parlament auflösen ließ. Er kam damit einem Abwahlverfahren zuvor. Gegen Lasso wird wegen Veruntreuung ermittelt. Er soll unter anderem von lukrativen Öl-Verträgen profitiert haben.