Köln (epd). Die Digitalisierung der Altersmedizin könnte aus Expertensicht die Sterblichkeit von Menschen jenseits der 70 um 20 bis 30 Prozent reduzieren. Digital erfasste Werte der körperlichen Aktivität sollten in der Medizin künftig ebenso selbstverständlich eine Rolle spielen wie Blut- oder Herzfunktionswerte, sagte der Arzt Clemens Becker, Sturz-Experte der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, am Dienstag in Köln. Denn es sei entscheidend für die geistige, körperliche und emotionale Gesundheit älterer Menschen, wie stark sie körperlich aktiv seien.
Digitale Beurteilungen würden in der Geriatrie bislang kaum eingesetzt, bedauerte Becker, der die Abteilung Digitale Geriatrie an der Universitätsklinik Heidelberg leitet. Die technischen Möglichkeiten dazu seien aber schon da. So könnten etwa digitale Schrittmesser Gesundheit und Lebensqualität älterer Menschen erhöhen. Handelsübliche Apps zählten die Zahl der täglichen Schritte, hochsensible Sensoren in geriatrischen Kliniken könnten zusätzlich die Schrittlänge, die tägliche Gehstrecke und das Gehtempo erfassen. Wenn das Gehvolumen im ambulanten und stationären Bereich genau ausgewertet würden, könnten Mediziner den Menschen viel individuellere Empfehlungen geben.
Technische Hilfsmittel können Beckers Worten zufolge auch ärztliche Untersuchungen verbessern. Müssten Mediziner bislang Patientenbewegungen mit bloßem Auge beobachten und anschließend beurteilen, könnten technische Sensoren die Kräfte erkennen, die beim Beschleunigen oder einer Richtungsänderung wirken. Die so gesammelten Daten ließen ein mehrdimensionales Gesamtbild entstehen, das wichtiger sei als die Bewertung von Einzelaspekten, sagte Becker.