Berlin (epd). Die demokratischen Parteien weltweit sollten aus Sicht des ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) die Angst der Menschen vor einem sozialen Abstieg ernster nehmen. „In dem Moment, in dem die Politik diese Angst durch konkretes Handeln abmildert, können wir Menschen davor schützen, blind Populisten zu folgen“, sagte Schulz dem digitalen Medienhaus „Table.Media“ in einem am Sonntagabend veröffentlichten Interview. Das sei Aufgabe und auch Verantwortung von Demokratien und Institutionen.
„Wenn die gesellschaftliche Mitte die Institutionen des Staates nicht mehr respektiert, ist absolut Gefahr im Verzug. Die staatlichen Institutionen sind der Lackmustest“, warnte Schulz.
Aus seiner Sicht sind Wahlsiege der AfD bei bevorstehenden Landtagswahlen in Deutschland nicht zu erwarten. Die AfD liege „real bei zehn bis zwölf Prozent, und diese Wähler wird sie behalten“. „Aber ihr Höhenflug wird nicht anhalten“, sagte der Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Am Ende einer Legislaturperiode zögen die Wähler Bilanz und fragten sich, wer das Land in den nächsten Jahren führen soll. „Und Bilanz und Perspektive hängen zusammen. Du kriegst für eine gute Bilanz kein Lob, aber gegebenenfalls einen Vertrauensvorschuss für die nächste Zeit. Deshalb ist die Regierung gut beraten, die Nerven zu behalten“, sagte Schulz.
Der aktuelle Höhenflug der AfD sei vorbei, wenn die Ampel-Koalition im Bund zu einem kohärenteren Regierungshandeln kommt. „Das allerdings den Grünen und der FDP beizubringen, scheint mir relativ schwierig“, räumte Schulz ein.