Berlin, São Paulo (epd). Während der Präsidentschaft des rechtsextremen Politikers Jair Bolsonaro (2019 bis 2022) hat die Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien stark zugenommen. In diesem Zeitraum seien insgesamt 795 Ureinwohnerinnen und Ureinwohner ermordet worden, hieß es in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichen Bericht des Indigenen-Missionsrats Cimi. Allein im vergangenen Jahr seien 180 Indigene von Farmern, illegalen Goldsuchern und bewaffneten Milizen getötet worden. Das sei ein Anstieg um rund ein Drittel. 2018 registrierte Cimi 135 ermordete Angehörige von Urvölkern.
In den meisten Fällen wurden demnach indigene Anführerinnen und Anführer angegriffen, die ihr Territorium gegen illegale Eindringlinge verteidigen wollten. Aber auch Minderjährige seien umgebracht worden. Die Verantwortlichen wurden in den wenigsten Fällen zur Rechenschaft gezogen. Zudem gab es zahlreiche Morddrohungen und Mordversuchen gegen Ureinwohner.
Auch für den Tod hunderter indigener Kinder wegen Unterernährung, Malaria und Infektionskrankheiten wird die Regierung verantwortlich gemacht. Demnach starben 2022 landesweit 835 Kinder von Urvölkern unter fünf Jahren. Für Entsetzen sorgte der Tod von hunderten indigenen Kindern im Schutzgebiet der Yanomami im Norden Brasiliens. Die Justiz hat Ermittlungen wegen Völkermords aufgenommen, da Gesundheits- und Nahrungshilfe verweigert worden sei.
Unter Bolsonaro wurden der Indianerschutzbehörde Funai Finanzmittel und Personal entzogen. Dadurch hat die Abholzung des Regenwaldes stark zugenommen, immer mehr illegale Goldgräber drangen in Schutzgebiete ein. Für 2022 registrierte Cimi 1.334 Übergriffe auf das Eigentum von Indigenen wie Abholzung, illegaler Bergbau und Goldsuche. Die Konflikte führten demnach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, an denen sich auch Polizisten als „private Sicherheitskräfte“ von Farmern beteiligt hätten. Die Indigenen seien dieser Gewalt schutzlos ausgeliefert.
Der linksgerichtete Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat eine Umkehr versprochen und das erste Schutzgebiet seit 2018 ausgewiesen, was den Ureinwohnern die ausschließliche Nutzung der natürlichen Ressourcen garantiert. Das Land darf nicht verkauft werden, auch Bergbau ist untersagt. Insgesamt verfügt Brasilien über 732 Indigenen-Gebiete, die rund 14 Prozent des Staatsterritoriums ausmachen.