Frankfurt a.M., Niamey (epd). Im Sahel-Staat Niger haben Sicherheitskräfte laut Medienberichten am Mittwoch den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Niamey blockiert. Wie das Nachrichtenportal „ActuNiger“ berichtete, wurde auch Kabinettsmitgliedern und engen Mitarbeitern von Staatschef Mohamed Bazoum der Zutritt verwehrt. Die genauen Hintergründe des mutmaßlichen Putschversuchs blieben bis zum Nachmittag unklar. EU-Vertreter und die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas äußerten sich besorgt.
Laut „ActuNiger“ sprachen der Regierung nahestehende Quellen von einem Putschversuch durch Teile der Präsidentengarde. Gegen Mittag seien die Sicherheitsvorkehrungen in der Nähe des Präsidentenpalasts verstärkt worden. Die nigrische Präsidentschaft erklärte am frühen Nachmittag auf Twitter, dass es Staatschef Bazoum und seiner Familie gut gehe. Die Armee und die Nationalgarde stünden bereit, um gegen die Teile der Präsidialgarde vorzugehen, die in die Vorgänge involviert seien.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell reagierte besorgt auf die Berichte. Die Europäische Union verurteile jeden Versuch, die Demokratie zu destabilisieren und die Stabilität in Niger zu gefährden, schrieb Borrell auf Twitter. Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verurteilte den Versuch, die Macht mit Gewalt zu ergreifen, aufs Schärfste.
Der Sahel-Experte Ulf Laessing sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Ereignisse zeigten, wie fragil die Lage im Niger sei. Vorerst scheine der Coup jedoch überstanden zu sein, erklärte der Leiter des Sahel-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung. Es sei noch unklar, wo der Präsident sei.
Der Niger nimmt in der künftigen Sahel-Politik der Bundesregierung sowie verbündeter Staaten wie Frankreich eine Schlüsselrolle ein. So soll der Schwerpunkt des militärischen Engagements in der Region nach dem Aus der UN-Mission in Mali im Niger sein. Über den Lufttransport-Stützpunkt in der Hauptstadt Niamey erfolgt auch der Abzug aus Mali. Bereits jetzt beteiligt sich die Bundeswehr mit bis zu 60 Soldatinnen und Soldaten an der EU-Ausbildungsmission EUMPM.
Laessing sagte, der Westen setze „voll auf Niger und Bazoum“. Der nigrische Staatschef sei „die letzte Hoffnung des Westens im Sahel“. Dabei sei die Lage ähnlich fragil und instabil wie in Mali oder Burkina Faso. Der Experte der CDU-nahen Stiftung mahnte beim künftigen Engagement „mehr Augenmaß“ an. Wenn etwa viel Personal nach Niger verlegt werde, stiegen die Mieten in der Hauptstadt und die Lebensmittelpreise gingen nach oben. Dennoch sei es richtig, Bazoum zu unterstützen.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte in Berlin, dass die Lage unklar sei. Das Auswärtige Amt stehe mit der Botschaft und internationalen Partnern in Kontakt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums ergänzte, dass rund ein Dutzend an der EU-Mission EUMPM beteiligte deutsche Soldaten am Lufttransport-Stützpunkt in Niamey in Sicherheit seien.
Bazoum ist seit 2021 Präsident des Landes mit mehr als 26 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Niger zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Zudem sind zahlreiche islamistische Milizen aktiv, vor allem in der Grenzregion zu Mali und Burkina Faso.