Brüssel, Genf (epd). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Russland scharf kritisiert, weil es die Vereinbarung zum Export von Getreide aus der Ukraine nicht verlängert hat. „Dass der russische Präsident das Getreideabkommen aufgekündigt hat und nun auch noch den Hafen von Odessa bombardiert, ist nicht nur ein erneuter Angriff auf die Ukraine, sondern es ist ein Angriff auf die ärmsten Menschen dieser Welt“, sagte sie am Donnerstag vor einem Treffen des Rates für Auswärtige Beziehungen in Brüssel. Unterdessen versuchten die Vereinten Nationen weiter, das Getreideabkommen in irgendeiner Form zu retten.
Millionen Menschen seien auf das Getreide aus der Ukraine angewiesen. Deswegen arbeite Deutschland mit allen internationalen Partnern zusammen, damit es nicht in den Silos verrotte. Es sei von Anfang an richtig gewesen, zusätzlich zur Schwarzmeer-Getreide-Initiative auch die Solidaritätslinien per Schiene in der Ukraine verstärkt zu haben. „Das werden wir jetzt noch intensiver tun“, sagte sie. Dies sei „ein internationaler Appell, dass Hunger, dass Getreide nicht als Waffe eingesetzt werden darf“.
Zum Treffen des Rates für Auswärtige Beziehungen am Donnerstag sollten auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und US-Außenminister Antony Blinken zugeschaltet werden. Eine Sprecherin der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung in Genf verwies auf Mitteilungen der Vereinten Nationen in New York. „Unsere Aufgabe ist es, weiterhin Druck zu machen, an die Türen zu klopfen und unsere Argumente vorzubringen, und genau das hat Rebeca Grynspan getan, und genau das wird sie auch weiterhin tun“, hieß es von den UN.
Grynspan leitet als Generalsekretärin die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung und ist für die Umsetzung des „Memorandum of Understanding“ zwischen den Vereinten Nationen und Russland zuständig. Die UN seien weiterhin mit allen Parteien in Kontakt, hieß es.
Im Juli 2022 hatten sich die Ukraine, Russland und Türkei als Vertragsparteien unter Vermittlung der UN auf die Schwarzmeer-Getreide-Initiative geeinigt. Gleichzeitig schlossen die UN und Russland das Memorandum ab. Darin versichern die UN den Russen ihre Unterstützung bei der Ausfuhr von Agrargütern und Dünger. Das Memorandum ist laut den UN weiter in Kraft.
Russland und die Ukraine zählten vor dem Krieg zu den weltweit größten Getreideexporteuren. Viele Länder in Nord- und Ostafrika waren von Lieferungen aus den beiden Ländern abhängig. Die globalen Lebensmittelpreise stiegen nach Beginn der russischen Invasion stark an. Laut den UN hungern weltweit etwa 735 Millionen Menschen, deutlich mehr als noch vor vier Jahren. Zu den Gründen zählen demnach auch die Folgen des russischen Angriffskrieges.