Human Rights Watch: Gewalt islamistischer Gruppen in Mali nimmt zu

Human Rights Watch: Gewalt islamistischer Gruppen in Mali nimmt zu

Kampala, Nairobi (epd). Die Gewalt durch radikalislamische Gruppen hat im Nordosten Malis laut Human Rights Watch deutlich zugenommen. Seit Januar 2023 hätten Islamisten verstärkt Dörfer überfallen und deren Bewohnerinnen und Bewohner ausgeraubt, vergewaltigt und getötet, teilte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag bei der Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts mit. Grund dafür sei unter anderem der Kampf zwischen zwei Milizen um die Kontrolle über Nachschubwege.

Die instabile Sicherheitslage werde durch den anstehenden Abzug der UN-Friedenstruppen bis zum Jahresende weiter verschlimmert, warte Human Rights Watch (HRW). Laut dem Afrika-Zentrum für Strategische Studien (ACSS) haben Islamisten in Mali in diesem Jahr bereits fast 1.000 gewalttätige Aktionen verübt, ein Großteil des Nordens ist de facto unter ihrer Kontrolle. Die militärische Übergangsregierung, die seit zwei Putschen 2020 und 2021 das Land regiert, sei vor allem mit ihrem Machterhalt beschäftigt und habe internationale Partner systematisch verprellt.

HRW zufolge hat die Gewalt die humanitäre Not der Bevölkerung massiv verschärft. „Die Ausreise der UN-Blauhelme bedeutet, dass die malischen Behörden ihre Bemühungen, die Bevölkerung zu schützen, verstärken muss“, forderte die Sahel-Expertin der Organisation, Ilaria Allegrozzi. Die Regierung müsse zudem eng mit internationalen Partnern zusammenarbeiten. Der UN-Sicherheitsrat beschloss Ende Juni ein Ende der UN-Mission Minusma, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist.

Grundlage für den HRW-Bericht sind Telefonbefragungen unter anderem von Zeugen der Gewalt. Diese berichteten übereinstimmend, dass die Angreifer oft schwer bewaffnet auf Motorrädern oder Pickups in Dörfer einfielen und dabei manchmal die Flagge der Terrororganisation „Islamischer Staat“ zeigten. Ein Befragter gab an, er seit gezwungen worden, seine Tochter für die Heirat mit einem IS-Kämpfer herzugeben. Doch auch Übergriffe von Sicherheitskräften hat HRW nach eigenen Angaben dokumentiert. Bei den Tätern handle es sich um malische Soldaten sowie Bewaffnete, die allem Anschein nach der russischen Wagner-Gruppe angehören.

Im Norden und dem Zentrum Malis herrscht seit Jahren zunehmende Gewalt. Auslöser war ein Aufstand von Tuareg-Rebellen 2012. Islamistische Gruppen nutzten das entstandene Machtvakuum und eroberten viele Gebiete im Norden. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht und auf humanitäre Hilfe angewiesen.