Köln, Berlin (epd). Mit dem Kompromiss zum Heizungsgesetz werden die Klimaschutzziele im Wärmesektor nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm voraussichtlich nicht erfüllt. „Man wollte da einen sehr ambitionierten Wurf machen. Das ist es nicht geworden“, sagte Grimm im Interview der Woche im Deutschlandfunk. Die Ökonomin und Energieexpertin dämpfte auch die Erwartungen an die vorgesehene finanzielle Unterstützung. Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sprach derweil von Fehlern in der Kommunikation.
Dem Bundestag liegt seit Freitag der überarbeitete Entwurf des sogenannten Heizungsgesetzes vor, das noch in der kommenden Woche beschlossen werden soll. Der Entwurf sieht vor, dass ab 2024 in Neubaugebieten Heizungen eingebaut werden müssen, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Ursprünglich sollten alle neuen Heizungen von 2024 an diese Vorgabe erfüllen. Nun richtet sich der Zeitplan nach der Wärmeplanung der Kommunen.
Die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes soll dafür sorgen, dass im Gebäudesektor die Treibhausgasemissionen sinken, damit Deutschland seine Klimaziele erfüllt. In der Ampel-Koalition gab es wochenlang Streit über das Vorhaben. Zu den Klimazielen sagte Grimm: „Es wird wahrscheinlich so sein, dass man mit dem Gesetz die Klimaschutzziele nicht erreichen wird im Wärmesektor.“
Der neue Entwurf sieht verschiedene Mechanismen für die finanzielle Unterstützung vor, etwa eine allgemeine Härtefallklausel für Hauseigentümer, die ein Heizungsaustausch finanziell überfordern würde oder deren Gebäude dafür besonders ungeeignet sind. Die ursprünglich geplante allgemeine Ausnahme für über 80-jährige Hausbesitzer bei der Pflicht ist hingegen gestrichen worden.
Grimm, die Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist, sagte, auch mit dem überarbeiteten Entwurf bleibe eine gewisse Unsicherheit. Es seien „immense Summen“ versprochen worden. Sie glaube zwar, dass Belastungen abgefangen werden müssten. Zugleich könnten die Klimaziele nicht mit staatlichem Geld gekauft werden. Das Versprechen, alle Menschen so zu entlasten, „dass es nicht mehr so wehtut, das wird man nicht lange einhalten können“.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, forderte niedrigschwellige Hilfen für Seniorinnen und Senioren. Der Wegfall der Ausnahmeregelung für über 80-Jährige dürfe die älteren Hausbesitzer nicht verunsichern, sagte Bentele der „Rheinischen Post“. Die Härtefallregelung dürfe nicht zu einer „unüberwindlichen bürokratischen Hürde“ werden.
Derweil kritisierte die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken Fehler in der Kommunikation. „Wir haben nicht sofort verstanden, wie sehr die Energieversorgung die Menschen beunruhigt, obwohl sie ja längst wieder sichergestellt war“, sagte sie der „Welt am Sonntag“.
Die Ampel-Fraktionen hatten sich erst Anfang dieser Woche über letzte Details verständigt. Dem Bundestag lagen bis Freitag keine überarbeiteten Gesetzestexte vor. Das Verfahren wird von der Union scharf kritisiert.