Berlin, São Paulo (epd). Brasiliens Oberstes Wahlgericht hat Ex-Präsident Jair Bolsonaro des Amtsmissbrauchs für schuldig befunden. Damit werden dem rechtsextremen Politiker die politischen Rechte für die Dauer von acht Jahren aberkannt, wie die Richter am Freitag (Ortszeit) mehrheitlich urteilten. Bolsonaro darf bei den Präsidentschaftswahlen 2026 und 2030 nicht kandidieren.
Das Oberste Wahlgericht wirft Bolsonaro vor, Gerüchte über Wahlbetrug geschürt und das brasilianische Wahlsystem infrage gestellt zu haben. Als Präsident habe er die elektronischen Urnen als unzuverlässig und die Obersten Richter des Wahlgerichts als voreingenommen dargestellt. Zahlreiche TV-Aufzeichnungen und öffentliche Auftritte dienten den Richtern als Beispiele. Bis heute hat Bolsonaro das Wahlergebnis vom Oktober vergangenen Jahres nicht anerkannt. Er unterlag dem linksgerichteten Politiker Luiz Inácio Lula da Silva.
Bolsonaros Verteidigung wies laut der Tageszeitung „Folha de São Paulo“ die Vorwürfe zurück. Bolsonaro habe nichts weiter getan, als seine Meinung über das brasilianische Wahlsystem zu äußern, sagte sein Anwalt Tarcisio Vieiro. Alle Aussagen seien vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Bolsonaro hatte im Wahlkampf mehrfach die Einführung von Wahlzetteln gefordert, weil seiner Meinung nach elektronische Wahlurnen manipuliert werden können. Brasilien stimmt seit 1996 elektronisch ab, ohne dass es bislang zu Zwischenfällen gekommen ist. Gleichzeitig verlangte Bolsonaro eine parallele Auszählung des Wahlergebnisses durch das Militär.
Gegen der 68 Jahre alten Bolsonaro laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, seine Anhänger beim Sturm auf den Kongress und den Krawallen im Regierungsviertel von Brasilia am 8. Januar angestachelt zu haben. Auch soll er laut Untersuchungen der Bundespolizei seinen Corona-Impfstatus gefälscht haben, um in die USA einreisen zu können. Wegen Beleidigung von Journalisten wurde er bereits zu einer Geldstrafe verurteilt.