Washington (epd). Das Oberste Gericht der USA hat die Rechte religiöser Menschen gestärkt, die aus Glaubensgründen an ihnen heiligen Tagen nicht zur Arbeit gehen wollen. Der Supreme Court stellte sich in seinem Urteil am Donnerstag auf die Seite eines ehemaligen Postboten aus Lancaster im Bundesstaat Pennsylvania. Der evangelikale Christ hatte sich geweigert, am Sonntag, den er als „Tag des Herrn“ betrachtet, zur Arbeit zu kommen.
Arbeitgeber in den USA dürfen Beschäftigte nicht wegen deren Religion diskriminieren. Allerdings sind sie nicht verpflichtet, unzumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um die religiöse Praxis Gläubiger zu ermöglichen. Die Post hatte den Standpunkt vertreten, dass die Weigerung ihres damaligen Beschäftigten dem Unternehmen Mehrkosten verursache und eine angespannte Atmosphäre am Arbeitsplatz schaffe.
Nach Ansicht der Richterinnen und Richter reichte diese Erklärung nicht aus. Der Arbeitgeber müsse vielmehr beweisen, dass Rücksicht auf religiöse Vorbehalte „deutlich erhöhte Kosten“ verursache.
Die US-amerikanische Post stellt am Sonntag keine Briefe zu. Allerdings hat das Unternehmen 2013 eine Vereinbarung mit dem Lieferdienst Amazon geschlossen, auch am Sonntag bestimmte Amazon-Lieferungen auszutragen. Laut der Unterlagen vor dem Obersten Gericht hatten Vorgesetzte anfangs Rücksicht genommen auf die religiöse Haltung des evangelikalen Christen, doch dieser habe 2019 wegen wachsenden Drucks gekündigt.
Die Gewerkschaft der bei der Post Beschäftigten „American Postal Workers Union“ hatte sich skeptisch zur Forderung des ehemaligen Postboten geäußert. Er verlange „bevorzugte Behandlung aus religiösen Gründen“. Seine Freistellung gehe auf Kosten von Mitarbeitern anderer Religionen und Nichtgläubiger, die am Sonntag arbeiten müssten. Im Prozess hatten sich Vertreter mehrerer Glaubensgemeinschaften allerdings die Position des ehemaligen Post-Beschäftigten unterstützt, darunter Hindus, Sikhs und Muslime. Möglicherweise hat das einstimmig gefällte Urteil weitreichende arbeitsrechtliche Konsequenzen.