Landesarbeitsgericht: Domkantor muss weiterbeschäftigt werden

Landesarbeitsgericht: Domkantor muss weiterbeschäftigt werden
Die Landeskirche Braunschweig unterliegt im Rechtsstreit mit ihrem Domkantor ein zweites Mal. Das Landesarbeitsgericht Hannover hat die Kündigung des Kirchenmusikers im Berufungsverfahren für ungültig erklärt. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Hannover, Braunschweig (epd). Das Landesarbeitsgericht Hannover hat in einem Berufungsverfahren die Kündigung des langjährigen Braunschweiger Domkantors Gerd-Peter Münden (57) für unwirksam erklärt. Eine Revision vor dem Bundesarbeitsgericht sei nicht zugelassen, sagte der Vorsitzende Richter Daniel Dreher bei der Urteilsverkündung am Dienstag. Die evangelische Landeskirche Braunschweig hatte den Kirchenmusiker im März 2022 fristlos entlassen, weil er mit seinem aus Kolumbien stammenden Ehemann eine Leihmutterschaft in dem südamerikanischen Land beauftragen wollte (Az: 10 Sa 762/22).

In seiner Urteilsbegründung bezog sich Dreher auf ein Gespräch zwischen Münden und der Leiterin der Personalabteilung im Landeskirchenamt Wolfenbüttel, Ulrike Brand-Seiß, im Februar 2022. Darin habe die Personalerin Mündens Leihmutterpläne zwar missbilligt, dienstrechtliche Konsequenzen aber ausgeschlossen.

„Darauf darf sich der Kläger verlassen“, sagte Dreher. Die Missbilligung sei wie eine Abmahnung zu verstehen. Nach dem Personalgespräch hätten „weitere wichtige Sachverhalte“ dazukommen müssen, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Die aber sehe er nicht.

Der Anwalt der Landeskirche, Matthias Sandmaier, unterstrich erneut, dass eine kommerzielle Leihmutterschaft aus kirchlicher Sicht ethisch nicht akzeptabel sei. Münden habe eine solche Leihmutterschaft zielstrebig vorangetrieben und damit Zerwürfnisse und Spannungen am Dom erzeugt. „Uns ist zugetragen worden, dass sogar bereits ein Kind geboren wurde“, sagte Sandmaier während der Verhandlung. Münden äußerte sich zu dieser Behauptung auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) nicht.

Mündens Anwalt Bernhard Baumann-Czichon betonte während der Verhandlung, dass es sich bei den Überlegungen von Münden, eventuell eine Leihmutter in Anspruch zu nehmen, nicht um konkrete Pläne gehandelt habe, sondern um einen Gedankenprozess. Dieser dürfe nicht sanktioniert werden.

Bei den Überlegungen des Domkantors und seines Partners sei es zudem immer nur um eine „altruistische Leihmutterschaft“ gegangen, also eine Ersatzmutterschaft, bei der kein Geld als Anreiz gezahlt wird, sondern den Frauen lediglich ihre Auslagen ersetzt würden. „Die kontroverse Debatte um Leihmutterschaft muss die Kirche aushalten.“

In der Verhandlung lehnten sowohl die braunschweigische Landeskirche als auch Münden einen finanziellen Vergleich und eine von Dreher vorgeschlagene gerichtliche Mediation ab. Landeskirchenrat Christoph Goos sagte, Landesbischof Christoph Meyns könne sich eine Zusammenarbeit mit Münden nicht mehr vorstellen. Münden sagte, er wolle auf jeden Fall wieder am Braunschweiger Dom als Domkantor arbeiten.

Diese Stelle hat die Landeskirche allerdings Anfang Juni neu besetzt. „Wir haben ja aber im Bereich der Landeskirche noch weitere Dome“, sagte Goos am Rande der Verhandlung. Baumann-Czichon kündigte an, Gespräche mit der Landeskirche aufzunehmen, um zu klären, „wie die Weiterbeschäftigung zu gestalten ist“.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hatte die Kündigung Mündens im September 2022 in erster Instanz ebenfalls für unwirksam erklärt (Az: 7CA87/22). Die Berufung der Landeskirche dagegen wurde vom Landesarbeitsgericht nun zurückgewiesen.

Münden arbeitete seit 1999 als Domkantor in Braunschweig. Er leitete Deutschlands größte Domsingschule mit rund 600 Kindern und Erwachsenen in 21 Chören. Überregional bekannt wurde der 57-Jährige für das Schulprojekt „Klasse! Wir Singen“, für das er 2011 mit dem niedersächsischen Verdienstorden ausgezeichnet wurde.