Berlin (epd). Nach dem Sieg des AfD-Kandidaten bei der Landratswahl im thüringischen Kreis Sonneberg dauert die Diskussion über die Folgen des Wahlergebnisses an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte am Dienstag vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Antidiskriminierungsbeauftrage Ferda Ataman sagte, für sie sei die Wahl vom Sonntag „ein historischer Tiefpunkt in der Geschichte der Bundesrepublik“. Derweil betonte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager (CDU), dass das Ergebnis der demokratischen Wahl zu respektieren sei.
Faeser warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag): „Die AfD schürt ein Klima, das dem Standort Deutschland schadet.“ Dieses Klima schrecke qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland ab, die dringend gebraucht würden. Die SPD-Politikerin warnte außerdem, dass die AfD zum „Chancen-Tod“ gerade für die Regionen werde, „die wirtschaftlichen Aufschwung brauchen und dafür dringend auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind“.
Der AfD-Politiker Robert Sesselmann hatte bei der Stichwahl im Landkreis Sonneberg am Sonntag 52,8 Prozent der Stimmen erhalten, sein Gegenkandidat Jürgen Köpper von der CDU unterlag mit 47,2 Prozent. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.
Die Antidiskriminierungsbeauftrage Ataman sagte, sie sehe Beschwichtigungsversuche „ein bisschen mit Bauchschmerzen“. Als Antidiskriminierungsbeauftragte und Anwältin aller Menschen, die Diskriminierung erlebten, könne sie sagen, dass sehr viele Menschen sich Sorgen machten und Angst hätten um ihre Zukunft in Deutschland. Es sei das erste Mal, dass ein rechtsextremer Politiker ein Amt bekommen habe „und damit Gestaltungsmacht“, sagte Ataman.
Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botman, mahnte im Fernsehsender Phoenix, die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger müssten ernst genommen und die eigene Politik erklärt werden. „Als Demokraten in diesem Land müssen wir uns einig sein, dass es Schwierigkeiten, Probleme und Sorgen gibt, die die Menschen bewegen.“ Jedoch rechtfertige keine Sorge die Wahl einer rechtsextremen Partei.
Aus Sicht des Präsidenten des Landkreistages, Sager, sollte der AfD-Politiker Sesselmann nun an seinem Handeln im Amt gemessen werden. Sesselmann müsse zeigen, dass er sich an rechtsstaatliche Vorgaben halte und gut mit dem Kreistag zusammenarbeite, sagte der CDU-Politiker im ZDF-„Morgenmagazin“.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja unterstrich im Deutschlandfunk, dass es keine politische Zusammenarbeit zwischen seiner Partei und der AfD geben werde. Davon zu unterscheiden sei es, wenn auf kommunaler Ebene die AfD einem Antrag anderer Parteien zustimme.
Grünen-Parteichef Omid Nouripour sagte im ZDF-„Morgenmagazin“, spätestens jetzt müsse es bei allen demokratischen Parteien angekommen sein, dass man anders miteinander umgehen und die Lösungen für Probleme nach vorne stellen müsse. „Die Leute wollen nicht wissen, wer schuld ist. Die Leute wollen wissen, was wir gegen die Probleme tun“, sagte er.