Köln (epd). Die Kölner Staatsanwaltschaft hat am Dienstag Räume des Erzbistums Köln durchsucht. Die Durchsuchungen und Beschlagnahmung schriftlicher Unterlagen und weiterer Kommunikationsvorgänge stünden im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Ermittelt werde wegen falscher Versicherungen an Eides statt und Meineids. Die Auswertung der sichergestellten Beweismittel werde „geraume Zeit“ in Anspruch nehmen. Zuerst hatte der WDR berichtet.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sprach von einem „einzigartigen Vorgang“. Er sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“, der Erzbischof sei infolge der Razzia „stark angeschlagen“. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte der Zeitung, das neuerliche „fatale Signal“ aus Köln sei: „Aufarbeitung gelingt nur, wenn Staatsanwaltschaften eingreifen.“
Polizeibeamte und Staatsanwälte durchsuchten laut der Behörde am Dienstag ab acht Uhr Gebäude an sechs Orten, darunter vier in Köln, einer in Kassel und einer in Lohfelden in Hessen. Betroffen waren Räume des Generalvikariats, des Kirchengerichts, des Erzbischöflichen Hauses sowie Geschäftsräume des EDV-Dienstleisters, der den E-Mail-Verkehr im Erzbistum Köln verwaltet.
Ziel der Durchsuchungen war laut Staatsanwaltschaft die Sicherstellung schriftlicher Unterlagen und die Erhebung interner Kommunikation des Erzbistums zu den Vorgängen, die Woelki zur Last gelegt werden. Die Maßnahmen seien ohne Zwischenfälle verlaufen, hieß es.
Das Erzbistum Köln erklärte, durch Einblick in die Geschäftsunterlagen und E-Mails des Erzbistums solle festgestellt werden, ob der gegen den Erzbischof erhobene Vorwurf, ein Aussagedelikt begangen zu haben, belegt oder aber im Gegenteil widerlegt werden kann. Das Erzbistum appellierte an die Öffentlichkeit, bis zur Bekanntgabe des Ermittlungsergebnisses keine Vorverurteilungen auszusprechen.
Im Ermittlungsverfahren geht es um mutmaßliche Falschaussagen Woelkis über einen Missbrauchsfall aus dem Erzbistum. Woelki hatte in einem zivilrechtlichen Verfahren im März vor Gericht unter Eid ausgesagt, Details zu den Vorwürfen gegen einen beschuldigten Priester nicht gekannt zu haben. Zuvor hatte er 2021 im selben Fall eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. In dem Prozess ging es um die Medienberichterstattung im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen den Priester. Die Staatsanwaltschaft ermittelt infolge verschiedener Anzeigen gegen Woelki.
Laut Kirchenrechtler Schüller ist offen, inwiefern der Vatikan darauf reagiert. Nach weltlichen Maßstäben sei der Kölner Kardinal nicht mehr haltbar, sagte er der „Rheinischen Post“. Woelki hatte im März 2022 seinen Rücktritt bei Papst Franziskus eingereicht. Dieser lässt seither auf eine Entscheidung warten. „Nach kirchlichen Usancen kann es sein, dass der in dieser Angelegenheit völlig beratungsresistente Papst auf stur stellt und jetzt erst recht keinen Rücktritt annimmt, weil dies als Vorverurteilung gedeutet werden kann“, sagte Schüller.