Berlin (epd). Der Mindestlohn soll zum 1. Januar 2024 auf 12,41 steigen. Das beschloss die Mindestlohnkommission mehrheitlich am Montag in Berlin. Ein Jahr später, zum 1. Januar 2025, ist noch einmal eine Anhebung um 41 Cent auf 12,82 Euro vorgesehen. Die Entscheidung wurde nach kontroversen Verhandlungen in den frühen Morgenstunden getroffen. Die Arbeitnehmerseite stimmte dagegen. Nach Ansicht der Gewerkschaften hätte die Lohnuntergrenze mindestens auf 13,50 Euro angehoben werden müssen.
Die Vorsitzende der Kommission, Christiane Schönefeld, sagte, der Beschluss sei auf ihren Vermittlungsvorschlag zustande gekommen. Die Positionen hätten „sehr weit auseinander“ gelegen. In der Begründung des Beschlusses heißt es, die Tarifvertragsparteien hätten nun die Möglichkeit, die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns bei den Tarifverhandlungen zu berücksichtigen.
Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung einmalig den Mindestlohn politisch festgelegt und damit ein Wahlversprechen umgesetzt. Die 12-Euro-Lohnuntergrenze gilt seit dem 1. Oktober, zuvor lag sie bei 10,45 Euro pro Stunde. Die Arbeitgeber hatten den Eingriff des Staates in die Lohngestaltung scharf kritisiert.
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, äußerte sein Bedauern, dass zum ersten Mal in der Kommission ein Beschluss nicht im Konsens gefallen sei. „Wir waren kompromissbereit“, betonte er.
Für die Arbeitnehmerseite sagte Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), dieser „Anpassung lediglich im Cent-Bereich“ habe man auf keinen Fall zustimmen können. Damit würden die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust erleiden. „Das betrifft vor allem Frauen, und das betrifft vor allem Ostdeutschland.“
Das Gremium war am Sonntagnachmittag um 15 Uhr zu den Beratungen zusammengekommen. Der Beschluss fiel den Angaben nach am Montagmorgen um 4.30 Uhr.
Die ständige Mindestlohnkommission war zuletzt 2020 am Zuge. Sie orientiert sich bei der Anpassung des Mindestlohns an der Tarifentwicklung und berücksichtigt die wirtschaftliche Lage. Ziel ist ein Mindestschutz der Arbeitnehmer, ohne Jobs zu gefährden.
Laut Begründung soll die nun beschlossene zweistufige Erhöhung dazu dienen, die Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe angesichts der in diesem Jahr erwarteten stagnierenden Wirtschaftswachstums „tragfähig zu halten und die Verdienste der Beschäftigten zu stabilisieren“.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt erklärte, der Mindestlohn könne „immer nur eine Anstandsgrenze sein“. Ziel ihrer Partei seien „flächendeckende Tariflöhne, die dafür sorgen, dass sich niemand trotz Arbeit vor Armut fürchten muss“.
Am Mittag sollte der Beschluss der Mindestlohn-Kommission an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) übergeben werden. Er kann die Lohnuntergrenze per Rechtsverordnung umsetzen. Einen gesetzlichen Mindestlohn gibt es seit 2015, damals betrug er 8,50 Euro.