Düsseldorf (epd). Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) ringt weiter mit der FDP um eine gesetzliche Einschränkung von Werbung für ungesundes Essen, die sich an Kinder richtet. Nach Gesprächen mit anderen Ressorts habe sein Haus Anregungen und Kritik einfließen lassen und einen ersten Gesetzentwurf „entsprechend präzisiert“, sagte Özdemir der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki lehnt allerdings auch den deutlich abgeschwächten Entwurf ab. Die Stiftung Kindergesundheit wünscht sich dagegen möglichst wenig Abstriche am geplanten Reklame-Teilverbot.
Özdemir sagte, TV-Werbung für Produkte mit zu viel Zucker, Salz oder Fett solle nach den geänderten Plänen nur in Zeitfenstern eingeschränkt werden, in denen besonders viele Kinder vor dem Fernseher sitzen. Reklame für schädliche Snacks und Süßigkeiten soll demnach wochentags von 17 bis 22 Uhr, samstags zusätzlich von 8 bis 11 Uhr und sonntags von 8 bis 22 Uhr gelten. Bislang war ein Verbot von 6 bis 23 Uhr an allen Tagen vorgesehen. „Im Hörfunk verzichten wir auf eine Sendezeit-Regelung“, sagte der Minister. „Was Angebote im Internet angeht, sind alle gängigen Kanäle betroffen und auch Influencer, deren Inhalte zunehmend von Kindern konsumiert werden.“
Abschwächen will Özdemir auch das ursprünglich vorgesehene Plakatverbot für ungesunde Produkte an Orten, an denen sich Kinder aufhalten - es soll jetzt nur noch im Umfeld von Kitas und Schulen gelten. Verbote für an Kinder gerichtete Werbung für Dickmacher seien nötig, weil eine Selbstverpflichtung der Industrie nicht gegriffen habe. Nach Ministeriumsangaben sind rund 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland übergewichtig, sechs Prozent sind krankhaft übergewichtig. „Die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Adipositas belaufen sich auf 63 Milliarden Euro pro Jahr“, sagte Özdemir.
Der Minister drängte auf eine schnelle Verständigung in der Bundesregierung. Allerdings hält FDP-Vize Kubicki auch die „erneuerten Pläne weiterhin für falsch“. Ein Werbeverbot helfe nicht, „das eigentliche Gesundheitsproblem, nämlich den Bewegungsmangel der Kinder, zu beheben“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag). Die Ernährung von Kindern werde außerdem durchs Elternhaus geprägt: „Ein Werbeverbot für Kinder läuft völlig ins Leere und ist deshalb nichts anderes als politischer Aktionismus.“
Özdemir betonte dagegen, über die Ernährung sollten „die Eltern, aber nicht die Werbeindustrie“ entscheiden. Der Profit dürfe nicht über der Gesundheit der Kinder stehen. Bewegung sei wichtig, gesundes Essen aber auch. Auf eine Werbe-Einschränkung dürfe daher „gerne ein großes Bewegungsprogramm unter Einbeziehung der Länder folgen“.
Auch der Vorsitzende der Stiftung Kindergesundheit, Berthold Koletzko, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstag), Werbung für ungesunde Lebensmittel mache Kinder krank. Daher sollten die ursprünglich von Özdemir geplanten Verbotszeiten nicht eingeschränkt werden.