Tübingen (epd). An der Universität Tübingen gibt es seit Anfang Juni eine Jüdisch-Islamische Forschungsstelle. Sie sei die bundesweit erste ihrer Art, sagte Asher Mattern, Dozent für Jüdische Theologie am Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung der katholischen Fakultät, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar existierten bereits einige jüdisch-islamische Initiativen und Projekte, aber im universitären Bereich sehe es anders aus: „Hier gibt es noch keine Stelle, wo jüdische und muslimische Theologinnen und Theologen miteinander forschen und den Anspruch haben, auch in die Gesellschaft hineinzuwirken.“
Dies liege auch daran, dass zwar mittlerweile eine Reihe von Instituten für Islamische Theologie entstanden seien, es aber auf jüdischer Seite im Bereich der Theologie nur sehr wenige Ansprechpartner gebe, sagte Mattern. Deshalb habe er mit Fahimah Ulfat vom Institut für islamisch-religionspädagogische Forschung die Forschungsstelle gegründet.
Laut der Professorin für Islamische Religionspädagogik sind die jüdische und muslimische Tradition sehr eng miteinander verwandt. „Und gleichzeitig ist das Wissen um Gemeinsamkeiten vor allem bei Musliminnen und Muslimen wegen politischer Ereignisse wie dem Nahostkonflikt in den Hintergrund gerückt“, sagte Ulfat. Deshalb sei es wichtig, dass durch gemeinsame Forschung eine Grundlage entwickelt werde, um wieder besser ins Gespräch zu kommen. Die Forschungsstelle wolle auch Bildungsmaterial für Schulen erstellen und Fortbildungen für Lehrkräfte zu diesem Thema anbieten und so auch Antisemitismus vorbeugen.
Jüdische und muslimische Menschen begegneten in der Gesellschaft oft sehr ähnlichen Problemen und Vorurteilen, sagte Mattern. „Wenn man Kippa trägt und koscher isst, Schabbat hält und von daher sich nicht ganz so in die Gesellschaft integrieren kann, wie das erwartet wird, erfährt man eine ähnliche Zurückweisung wie zum Beispiel kopftuchtragende Musliminnen.“
Es gebe bereits viele Kooperationspartner, die die Forschungsstelle ideell unterstützen, sagte Mattern. Sofern es finanziell möglich ist, sei das Ziel, ein Doktorandenprogramm aufzubauen, in dem jüdische und muslimische Doktoranden gemeinsam an einem Oberthema forschen. Wichtig sei auch, sich mit allen, die in diesem Bereich Expertise aufweisen, zusammenzuarbeiten und sich zu vernetzen, betonten die beiden Gründer der Forschungsstelle.