Osnabrück (epd). Mit einem Gottesdienst vor rund 1.400 Besuchern auf dem Marktplatz ist am Sonntag der regionale Ökumenische Kirchentag in Osnabrück zu Ende gegangen. Der katholische Weihbischof Johannes Wübbe rief die Gläubigen vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges dazu auf, auch in Krisenzeiten auf Gespräche zu setzen. „Wir sollten beharrlich am Ball bleiben, zu Versöhnung und Friedensgesprächen einladen, auch wenn der Weg nicht immer sofort klar ist“, sagte Wübbe in seiner Predigt.
Es sei wichtig, einander zuzuhören und auch mit Menschen zu reden, die anderer Meinung seien. „Das ist anstrengend, das ist schwierig, aber wie sonst sollen sich Lösungen finden lassen, die Zukunft verheißen?“ Auch Menschen anderer Sprache und Kultur, die in Deutschland Schutz suchten, sollten Christinnen und Christen sich weiter zuwenden, sagte Wübbe, der als Diözesanadministrator derzeit das Bistum Osnabrück leitet.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verteidigte auf einem Podium über den Weltfrieden Waffenlieferungen in die Ukraine gegen Kritik von leitenden Theologen. Er könne den Menschen in der Ukraine nicht sagen, dass sie sich gewaltfrei gegen Drohnenangriffe und Raketen aus Russland wehren sollten, sagte Pistorius am Samstag vor rund 800 Gästen im Osnabrücker Dom.
Die evangelisch-reformierte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden und der katholische Ex-Generalvikar des Bistums Osnabrück, Theo Paul, forderten hingegen, mehr zu differenzieren. Es müssten auch die zerstörerischen Folgen des Krieges und eines neuen Wettrüstens für die Ukraine selbst und beispielsweise für Länder in Afrika bedacht werden, sagte Bei der Wieden. Versöhnungsprozesse müsse es auch während des Krieges geben. Der evangelische hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte, wenn Menschen ihr Land verteidigen wollten, müsse auch Deutschland ihnen die nötigen Hilfen liefern.
In einer Diskussion um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Kirchen kritisierte Meister die mangelnde Beschäftigung des Deutschen Evangelischen Kirchentages mit diesem Thema. Das werde sich beim kommenden Kirchentag 2025 in Hannover ändern, versprach der Bischof. Der Kölner Stephan Rixen, Jurist und Mitglied des Deutschen Ethikrats, forderte den Staat auf, den Kirchen nicht eigene Rechte, wie etwa beim Datenschutz, zuzubilligen.
Betroffene von sexualisierter Gewalt und Mitglieder der queeren katholischen Initiative „Out in Church“ forderten Priester und Bischöfe auf, Macht abzugeben. „Solange die Macht in unserer Kirche nicht anders verteilt wird, kann Kirche sich nicht ändern“, sagte Ann Cathrin Röttger aus Osnabrück.
Insgesamt besuchten nach Angaben der Veranstalter rund 15.000 Menschen den Kirchentag. Zehn christliche Konfessionen hatten anlässlich des Jubiläums „375 Jahre Westfälischer Frieden“ dazu eingeladen. Er hatte am Freitag mit einer Langen Nacht der Kirchen begonnen. Am Samstag wurden unter dem Motto „Wege des Friedens“ rund 100 Workshops, Diskussionen, Lesungen und Konzerte angeboten. „Die Stadt lebte Kirchentag“, bilanzierte Osnabrücks evangelischer Superintendent und Mitorganisator Joachim Jeska.