Genf (epd). Mit 110 Millionen hat die Zahl der Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt einen neuen Höchststand erreicht. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach angesichts der am Mittwoch veröffentlichten Daten des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR von einem „traurigen Rekord“. Immer mehr Menschen seien zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen, in den vergangenen zehn Jahren habe sich die Zahl der Betroffenen mehr als verdoppelt.
Die meisten Menschen flüchteten dabei nicht nach Europa, betonte Schulze. „Ausgerechnet die ärmsten Länder zeigen die größte Aufnahmebereitschaft und tragen die größte Last.“ Sie erklärte, Deutschland richte seine Hilfe so aus, dass sie den Geflüchteten und den aufnehmenden Gemeinden zugutekomme.
Laut UNHCR waren im Mai schätzungsweise 110 Millionen Kinder, Frauen und Männer auf der Flucht vor Verfolgung, Gewalt und Krieg. Für Ende 2022 nannte der Bericht „Global Trends“ 108,4 Millionen Menschen. Den Anstieg der Fluchtbewegungen im laufenden Jahr erklärte UN-Hochkommissar Filippo Grandi mit neu begonnenen Kämpfen, besonders im Sudan.
Unter den Menschen, die Ende 2022 auf der Flucht waren, überquerten laut UNHCR 35,3 Millionen Flüchtlinge auf der Suche nach Schutz eine internationale Grenze. Etwa 62,5 Millionen Menschen irrten dem Hilfswerk zufolge innerhalb ihrer Heimatländer als Binnenflüchtlinge umher. Zudem erfasste das UNHCR etwa 5,4 Millionen Asylbewerberinnen und -bewerber.
Das Kinderhilfswerk Unicef nannte für Ende 2022 mehr als 43,3 Millionen Mädchen und Jungen auf der Flucht. Viele von ihnen seien während ihrer gesamten Kindheit vertrieben gewesen. „Seit mehr als einem Jahrzehnt ist die Zahl der Kinder, die gezwungen sind ihre Heimstatt zu verlassen, mit einer alarmierenden Rate gestiegen“, betonte die Unicef-Exekutiv-Direktorin Catherine Russell.
Nach der nationalen Herkunft bildeten Kriegsopfer aus Syrien dem UNHCR-Bericht zufolge die größte Gruppe unter den Flüchtlingen. Vor der jahrelangen Gewalt in dem arabischen Land suchten laut UNHCR 6,5 Millionen Menschen Schutz.
Der Krieg in der Ukraine sei die Hauptursache für neue Vertreibung im Jahr 2022 gewesen, hieß es weiter. Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine habe sich Ende 2022 auf 5,7 Millionen belaufen. Die Gewalt in dem osteuropäischen Land habe die schnellste Bewegung von Flüchtlingen seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Die Zahl der Menschen, die aus Afghanistan flüchteten, betrug Ende 2022 ebenfalls 5,7 Millionen.
Die Türkei beherbergte mit 3,6 Millionen laut UNHCR die meisten Menschen auf der Flucht. Dahinter lagen der Iran mit 3,4 Millionen Menschen und Kolumbien mit 2,5 Millionen. Deutschland rangierte auf dem vierten Platz mit 2,1 Millionen Kindern, Frauen und Männern.