Bonn, New York (epd). Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) beklagt ein Stocken beim Abbau von Vorurteilen gegenüber Frauen. Der am Montag in New York vorgelegte „2023 Gender Social Norms Index“ (GSNI) verzeichne etwa seit zehn Jahren keine Verbesserungen, erklärte das UNDP. Diese Vorurteile wirkten sich auf die Einhaltung von Menschenrechten aus und führten zu einer Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen. Der GSNI umfasst Daten aus 80 Ländern und deckt nach UN-Angaben rund 85 Prozent der Weltbevölkerung ab.
Neun von zehn Personen weltweit hegten Vorurteile gegenüber Frauen, lautet ein GSNI-Befund. Dass Männer bessere politische Führungskräfte sind, glaubt dem Bericht zufolge etwa die Hälfte der globalen Bevölkerung. 40 Prozent hielten Männer für bessere Führungskräfte in der Wirtschaft.
Der Index basiert auf einer Vielzahl von nationalen Erhebungen, Statistiken, Hochrechnungen sowie wissenschaftlichen Studien. Er verzeichnet einen Bruch zwischen der Bildung von Frauen weltweit und der gesellschaftlichen, ökonomischen sowie politischen Realität. Frauen seien besser ausgebildet als jemals zuvor, heißt es in dem Bericht. Doch selbst in den 59 Ländern, in denen Frauen besser ausgebildet sind als Männer, liege die genderbedingte Einkommenslücke bei 39 Prozent zugunsten der Männer.
UNDP-Chefberichterstatter Pedro Conceiçao betonte, dass soziale Normen, die die Rechte von Frauen behinderten, generell für die gesamte Gesellschaft schädlich seien. Der Bericht unterstreiche die Bedeutung der Rolle nationaler Regierungen und Gesetzgeber, etwa bei der Regelung familiärer Auszeiten und der Gestaltung von Arbeitsmarktreformen.
Raquel Lagunas vom UNDP-Gender-Team appellierte an Verantwortliche in den Ländern, vor allem auf den Wert von unbezahlter Sorge- oder Pflege-Arbeit zu blicken. In Ländern mit den größten Vorurteilen gegenüber Frauen werde vermutlich von Frauen sechsmal so viel dieser unbezahlten Tätigkeit in den Familien geleistet wie von Männern.
Eine positive Veränderung zeichnet sich laut Index bei Bevölkerungsanteilen in einzelnen Ländern ab, die äußern, keinerlei Vorurteile gegenüber Geschlechtern zu haben. In 27 von 38 untersuchten Ländern steige dieser Anteil. Besonders stark sei der Anstieg in Deutschland ausgefallen. Lag hier der Anteil von Menschen ohne „gender bias“ im Jahr 2017 bei 42 Prozent, so ist er auf 63 Prozent im vergangenen Jahr gewachsen.