Energie
Frank Muchlinksy, Redaktionspfarrer bei evangelisch.de:
Nennt mich altmodisch! Werft mir vor, in der eigenen Bubble zu baden! Für mich ist das Schönste an diesem Kirchentag gewesen, ständig in freundliche Gesichter zu schauen. Die Diakonin, die ihre Mitreisenden auffordert, in der U-Bahn "durchzugehen", wirkt rigoros. Trotzdem klingt ihre Stimme herzlich dabei und ich bin ihr dankbar, dass sie dazu aufruft, das Richtige zu tun. So ist es auch mit der Resolution "Die EKD darf die Einschränkung der zivilen Seenotrettung nicht stillschweigend hinnehmen", die auf dem Kirchentag verabschiedet wurde: Klare Worte von Menschen, die sehen, was anliegt und die entsprechend ihre Stimmen erheben. Dabei fordern sie aber nicht nur andere zum Handeln auf, sondern sie selbst sind die ersten, die Platz machen, wenn es eng wird, oder lächeln, wenn man sich entschuldigt, weil man sie versehentlich angerempelt hat. Energisch freundlich sein, das kann der Kirchentag. Oder ist es freundlich energisch? Wohl beides. Nürnberg wird mir in Erinnerung bleiben als der Kirchentag mit Hitze, Sonnenschein und erfrischenden Gewittern.
Vorfreude
Katrin Greschner, evangelisch.de-Social-Media-Redakteurin:
"Was? Du warst noch nie auf einem Kirchentag?", fragen mich meine Kolleg:innen in der Redaktion ungläubig. "Das wird dir richtig gut gefallen", ergänzen sie. Und ja: Der Deutsche Evangelische Kirchentag 2023 war tatsächlich mein erster Kirchentag. Umso gespannter war ich auf die Großveranstaltung in Nürnberg. Mein Motto für diese fünf Tage: "Jetzt ist die Zeit für…meinen ersten Kirchentag!" Das Spannende: Ich durfte in verschiedene Rollen schlüpfen. In die der Social Media-Redakteurin unterwegs auf Veranstaltungen, in die der Ansprechpartnerin am Messestand von evangelisch.de oder ab und an einfach mal "nur" in die Rolle der Besucherin. Doch in allen drei Rollen ist mir eines besonders aufgefallen: Wie wohl und willkommen ich mich ab der ersten Sekunde unter den vielen tausenden Menschen gefühlt habe.
Wie voll es auch wurde, die Menschen gaben aufeinander Acht, waren freundlich zueinander und kamen immer wieder miteinander ins Gespräch. Das habe ich zuvor so noch nie erlebt. Erstaunlich auch, dass ich trotz der Menschenmassen oft ganz zufällig Menschen getroffen habe, die ich persönlich oder – aus Corona-Zeiten - vom Bildschirm kenne. Die Zeit für ein Gespräch war für alle selbstverständlich.
Den perfekten Abschluss bot der Nachtsegen am Hauptmarkt am letzten Kirchentags-Abend. In toller Kulisse gemeinsam zu singen, zu beten und über die hellen Kerzen "ein Licht" mit fremden Menschen zu teilen: Freude pur!
Am Sonntag fahre ich zwar erschöpft, aber um so viele Eindrücke reicher nach Hause. Und ich kann meinen Kolleg:innen nur recht geben: Der Kirchentag hat mir richtig gut gefallen. Schade, dass es noch zwei Jahre bis zum nächsten sind! Sehen wir uns in Hannover?
Hoffnung
Markus Bechtold, Portalleiter bei evangelisch.de:
"Kirche überfüllt" und Aprikose-Bitterschokolade. Hoffnung und Geschmack auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2023 in Nürnberg. Das Eis genießend schlendere ich durch die malerischen Gassen der Altstadt, vorbei an den Hauptkirchen St. Lorenz und St. Sebald. Nach der Zerstörung der Stadt durch die Bombardierungen des Zweiten Weltkrieges gab es Überlegungen, die Stadt an anderer Stelle wieder neu aufzubauen. Zu groß waren die Zerstörungen. Diese Wunden erkennen viele heute erst auf dem zweiten Blick. Auch heute muss sich die Kirche wieder neu erfinden und dabei auf Bestehendem aufbauen. Kirchentagspräsident Thomas de Maizière sprach beim SPD-Empfang während des Kirchentages vom "Kairos", von der Gelegenheit als Chance, die wir nur jetzt haben: Jetzt ist die Zeit. Statt angesichts der vielen Probleme in Deutschland und weltweit zu resignieren sollten wir als Christen Zeichen der Hoffnung in die Welt tragen und Haltung entgegensetzen.
Wir von evangelisch.de hatten Kirchentagsbesucher:innen drei Tage lang eingeladen, bei unserer Fotoaktion "Gib der Zukunft Dein Gesicht! Jetzt ist die Zeit für …" mitzumachen. Der Andrang war rege. Sehen Sie selbst, wie ihre Zukunft von morgen aussehen soll. Und kann generative Künstliche Intelligenz möglicherweise zur Lösung der Klimakrise beitragen? Eckhart von Hirschhausen hat mir im Interview eine klare Antwort gegeben: "Nein". Er ruft vielmehr dazu auf, nicht Einzelkämpfer zu bleiben, sondern sich zusammenzuschließen. Und genau das tun Menschen auf dem Kirchentag. Möge aus den Begegnungen Konstruktives entstehen, damit nicht nur der Mond aufgeht, wie beim Abendsegen eindringlich gesungen, sondern immer wieder auch die Sonne. Diese Hoffnung ist für mich der Höhepunkt des Kirchentages.
Gespräche
Mechthild Klein, Redakteurin vom Dienst bei evangelisch.de:
Was mir vom Kirchentag im Gedächtnis bleibt, sind die vielen Gespräche. Manchmal auch vor verschlossenen Türen, wie im "Zentrum Spiritualität" geschehen. Offenbar steht das Ausprobieren von neuen Kontemplations- oder Gebetsformen auch für Kirchentagsbesucher:innen in der Prioritätenliste oben. Etwa die Einführung in das "Centering Prayer", "christliches Yoga" oder die "Spirituelle Stressbewältigung" – alle restlos überfüllt.
Dann sind es die unerwarteten Begegnungen zwischen den Panels: Das zufällige Gespräch vor dem gotischen Portal von St. Lorenz mit vertrautem Ruhrpott-Slang. Oder im Kirchenschiff von St. Lorenz mit dem Programmierer des digitalen Soundprojekts zum Thema "Zeit und Ewigkeit". Oder das Gespräch mit dem Trierer Paar über neue Angebote in Kirchengemeinden für Menschen zwischen 25 und 50. Auf dem Wunschzettel: Weinproben in der Kirche, Meditationsabende, Pilgertouren, Schlagzeug zum Mitmachen etc. Das wäre eine Mitmach-Kirche, aber why not? Zum Abschluss das gemeinsame Mahl mit Kolleg:innen. Und als sich dann noch spontan eine kleine Nürnberg-bei-Nacht-Wanderung ergibt, bleibt fast nichts zum Wünschen mehr übrig für den Augenblick.