Berlin (epd). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Politik aufgefordert, das Gesundheitswesen auf die Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten. Die Forschenden rechnen unter anderem mit einer Zunahme von Infektionskrankheiten, wie aus dem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten ersten Teil des „Sachstandsberichts Klimawandel und Gesundheit 2023“ hervorgeht, der vom Robert Koch-Institut koordiniert wurde. Aus Sicht der Wissenschaft seien die Zusammenhänge offenbar, sagte die Augsburger Professorin für Klimawandel und Gesundheit, Elke Hertig, eine der Autorinnen des Berichts. Seit dem ersten Bericht 2010 habe man zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen. Es sei Zeit zu handeln: „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“, sagte sie.
Dem Bericht zufolge sind nahezu zwei Drittel der in Europa vorkommenden Erreger von Infektionskrankheiten klimasensibel. Das heißt, vermehrte Hitzewellen oder Überflutungen begünstigen ihre Entwicklung oder ihre Ausbreitung. So verbreitet sich etwa das West-Nil-Virus aus warmen Ländern schon seit Jahren in Deutschland. Es wird durch Stechmücken auf den Menschen übertragen und kann im schlimmsten Fall zu einer Schädigung des Nervensystems oder Gehirns führen. Das Gesundheitswesen müsse auf solche Fälle vorbereitet sein, fordern die Forscher. Aus gegenwärtig rund zwanzig bekannten Fällen pro Jahr könnten schnell Hunderte oder Tausende werden.
Für den Bericht haben mehr als 90 Autorinnen und Autoren aus rund 30 Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden Erkenntnisse zur Auswirkung der Klimaveränderungen auf körperliche und psychische Krankheiten sowie zu den Gesundheitsfolgen von Hitzewellen, Wassermangel, Waldbränden oder Ernteausfällen zusammengetragen. Das Bundesgesundheitsministerium fördert das Projekt. Die Handlungsempfehlungen richten sich an das Gesundheitswesen und die öffentliche Verwaltung.