Angesichts der Krise in Europa hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Tag der deutschen Einheit die "europäische Dimension" der Wiedervereinigung betont. "Ohne die Überwindung der Spaltung Europas wäre die deutsche Einheit nicht möglich gewesen", sagte Lammert am Mittwoch beim zentralen Festakt in der Münchner Staatsoper. "Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit unseres Landes war umgekehrt Voraussetzung für das Zusammenwachsen Europas."
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An der zentralen Einheitsfeier in München nahmen viele deutsche Spitzenpolitiker teil, darunter Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Zuvor hatten sie einen ökumenischen Gottesdienst in der Kirche St. Michael gefeiert. Vor mehr als 1500 Gästen hoben dabei auch Kardinal Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die besondere Verpflichtung Deutschlands für die Zukunft Europas hervor. Beide warnten vor deutschen Alleingängen oder deutscher Überheblichkeit.
Lammert forderte eine stärkere Rückbesinnung auf die politische Idee eines vereinten Europas. "Europa ist mehr als eine Verwaltung, mehr als die viel gescholtene Bürokratie, mehr als Richtlinien und mehr als Verträge. Und sie ist auch mehr als der Euro", sagte der Parlamentspräsident. "Wer heute Meldungen über Europa verfolgt, muss den Eindruck gewinnen: Es geht meist um Geld, um Schulden und ihre Tilgung, um Schuldenschnitte und ihren Umfang."
Seehofer würdigt Ostdeutsche
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte zu Beginn des Festakt die Aufbauleistung der Ostdeutschen nach der Wende. "Viele Menschen haben nach dem Fall der Mauer die Chance ergriffen und dabei große Brüche erleben müssen. Für diese Anpassungsprozesse sollten wir den Menschen in Ostdeutschland großen Respekt zollen", sagte der amtierende Bundesratspräsident.
Die Bundeshauptstadt feierte den 22. Jahrestag der Deutschen Einheit wieder mit einem Volksfest am Brandenburger Tor. Viele Familien spazierten über die Straße des 17. Juni. Im sächsischen Landtag kritisierte der Schriftsteller Uwe Tellkamp den Verlust von Maßstäben und Werten bei der Globalisierung. "Es ist Zeit für eine Besinnung2, sagte der Autor des Romans "Der Turm" in Dresden. Globalisierung sei wichtig und "wahrscheinlich richtig". Es drohten aber menschliches Maß und Werte wie Rücksicht und Vernunft vergessen zu werden.