Beirut (epd). Der Beiruter evangelische Pfarrer Habib Badr hat die Lage im Libanon als „extrem schwierig“ bezeichnet. Weil sich das Land in einer massiven finanziellen und wirtschaftlichen Krise befinde, sei „das Überleben die größte Herausforderung für die Menschen“, sagte der Leitende Pfarrer der Nationalen Evangelischen Kirche von Beirut (NECB) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die arabischsprechende evangelische Gemeinde feierte am Sonntag ihr 175-jährigen Bestehen im Beisein des württembergischen Landesbischofs Ernst-Wilhelm Gohl.
Da die Banken alle Konten eingefroren hätten, könne niemand mehr auf sein Vermögen zugreifen. Das betreffe auch die Kirchen. Dennoch müssten etwa die Gehälter an Mitarbeiter bezahlt werden. Auch die verschiedenen Hilfsprojekte sowie Altersheime und Schulen seien gefährdet. Die Kirche könne nur durch Spendengelder und Zuwendungen der deutschen Partner weiterexistieren, zu denen die „Evangelische Mission in Solidarität“ (EMS) in Stuttgart gehört.
Am schmerzlichsten sei es für ihn, dass sich die Schulen nicht länger selbst tragen könnten, sagte Badr, der auch EMS-Vizepräsident ist. Weil die Eltern kein Schulgeld mehr bezahlen könnten, müssten sie eigentlich geschlossen werden. Das müsse auf jeden Fall verhindert werden. Denn die Bildungseinrichtungen vermittelten nicht nur Wissen, sondern auch Werte und Kultur. Badr zitierte ein libanesisches Sprichwort: „Wenn du eine Schule öffnest, schließt du ein Gefängnis.“
Um junge Leute im Land zu halten, seien aber nicht nur Investitionen in Bildung wichtig, sondern auch im Gesundheitsbereich und für Arbeitsplätze. „An diesen drei Bereichen müssen wir arbeiten“, erklärte Badr. Er sei nicht optimistisch, dass das bald gelingen werde, bleibe aber hoffnungsvoll.
Die Libanesen seien ein hoffnungsvolles Volk: „Wir haben das Vertrauen, dass wir überleben werden“, erklärte er. Aber wie und mit welchen Mitteln das gelingen werde, wisse nur Gott. Weil die libanesische Regierung korrupt sei, benötige es ein Wunder, damit sich etwas ändere. Die Menschen seien allerdings auch bereit, dafür Opfer zu bringen, „inklusive des eigenen Lebens“.