Berlin (epd). Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erwartet von dem geplanten Bürgerrat des Parlaments Vorschläge für Gesetze und mehr Verständnis für parlamentarische Prozesse. Sie verspreche sich eine Bereicherung und Ergänzung der parlamentarischen Demokratie, keinen Ersatz, sagte Bas dem Evangelischen Pressedienst (epd). Erfahrungen aus Kommunen, Ländern und anderen Staaten zeigten, dass Bürgerinnen und Bürger durch solche Gremien Verständnis dafür entwickelten, wie komplex manche Probleme und wie schwierig Kompromisse sind, ergänzte sie: „Da wächst tatsächlich das Verständnis dafür, dass es in der Politik nicht nur Schwarz oder Weiß gibt.“
Der Bundestag will am Mittwochabend über die Einsetzung eines Bürgerrats zum Thema „Ernährung im Wandel“ abstimmen, der unter anderem Fragen zur Lebensmittelkennzeichnung und -verschwendung beraten soll. SPD, Grüne, FDP und Linke haben einen entsprechenden Antrag eingebracht. Während sich der Bundestag in der Regel mit konkreten Gesetzentwürfen befasse, berate der Bürgerrat über ein sehr offenes Thema und könne wirklich eigene Vorschläge entwickeln, die in Gesetzgebungsverfahren einfließen könnten, sagte Bas.
Nach ihren Worten soll es in dieser Wahlperiode insgesamt drei Bürgerräte geben. Die Themen werden von den Fraktionen festgelegt. „Ich persönlich kann mir auch einen Bürgerrat zum Thema soziales Pflichtjahr vorstellen“, sagte die Parlamentspräsidentin. Die Bürgerinnen und Bürger seien bei vielen Themen oftmals schon viel weiter, „als wir glauben“. Deswegen sei es wichtig, die sogenannte schweigende Mitte stärker einzubinden.
Einen Gesellschaftsrat zur Erreichung eines bestimmten Klimaziels, wie ihn die Bewegung „Letzte Generation“ fordert, lehnt Bas ab. Sie störe, „dass das Ergebnis hier schon vorgegeben ist“. Die Mitglieder des Rats sollten nur noch entscheiden, welcher Weg gewählt werde. Zudem stößt sie sich daran, dass das Ergebnis des Gesellschaftsrats nach der Forderung der Klimabewegung bindend sein sollte. Das würde den Abgeordneten jede Möglichkeit nehmen, sagte Bas und ergänzte: „Dann hätten wir uns als Parlament selbst ausgehöhlt.“
Für die Auswahl der Mitglieder des Bürgerrats sollen Bas zufolge rund 22.000 Menschen aus zufällig ausgewählten Kommunen angeschrieben werden. Insgesamt sollen dem Rat 160 am Ende Menschen angehören, die die Gesellschaft möglichst in ihrer Breite repräsentieren. Die erste Sitzung soll am 29. September stattfinden.