Frankfurt a.M. (epd). Wissenschaftler um den früheren Ethikratsvorsitzenden Peter Dabrock haben an die Abgeordneten des Bundestags appelliert, auf das geplante Gesetz zur Regelung der Suizidassistenz zu verzichten. Keiner der vorliegenden Gesetzentwürfe helfe Menschen, die einen Suizid erwägen, in ihrer existenziell schwierigen Lage, schreiben sie in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montag). Sie fordern, das Geld, das in der Folge eines Gesetzes für Begutachtungsverfahren und Beratung aufgewendet werden müsste, in Suizidprävention sowie die Palliativ- und Hospizversorgung zu stecken.
„Für eine darüber hinausgehende bundesgesetzliche Regelung besteht kein Bedarf“, heißt es in dem Beitrag der Theologen Dabrock und Reiner Anselm, der Palliativmedizinerin und Klinikdirektorin Claudia Bausewein und des Staatsrechtlers Wolfram Höfling, der früher ebenfalls dem Ethikrat angehörte.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 geurteilt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, hierbei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Eine bis dahin geltende Regelung, die organisierte Suizidassistenz von Sterbehilfeorganisationen verboten hatte, erklärte das Gericht für nicht zulässig. Seitdem wird im Bundestag über eine mögliche Folgeregelung diskutiert.
Trotz der nun sehr liberalen Regelung sei es in den vergangenen drei Jahren auf breiter Ebene nicht zu unverantwortlichen Praktiken im Zusammenhang mit Suizidassistenz gekommen, heißt es in dem Gastbeitrag der Ethik-Experten: „Mehr noch: Derzeit etabliert sich - in aller Vorsicht formuliert - eine Praxis, die sich an den ethischen Standards von Ärztinnen und Ärzten orientiert.“ Ihnen komme eine wichtige Funktion zu, „damit der Suizid keine Normaloption des Sterbens wird, aber als letzter Ausweg möglich ist“, heißt es darin, und weiter: „Es wäre kontraproduktiv, durch Strafandrohungen für Ärztinnen und Ärzte diese Möglichkeiten aufs Spiel zu setzen.“ Alle drei vorliegenden Gesetzentwürfe schwächten die Position von Ärztinnen und Ärzten.
Im Bundestag liegen von drei fraktionsübergreifenden Gruppen Vorschläge für eine neue Regelung der Suizidassistenz vor. Eine Gruppe um Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) plädiert für ein erneutes Verbot der organisierten, sogenannten geschäftsmäßigen Suizidassistenz, das in eng definierten Grenzen Ausnahmen zulässt. Voraussetzung für eine legale Suizidassistenz wäre eine ärztliche Begutachtung. Katrin Helling-Plahr (FDP), Helge Lindh (SPD) und weitere Parlamentarier wollen eine Beratung zur Bedingung für eine Suizidassistenz machen und auf eine strafrechtliche Regelung verzichten. Der Vorschlag unter anderem von Renate Künast (Grüne) und Nina Scheer (SPD) geht in eine ähnliche Richtung.