Bielefeld (epd). Als Lehre aus der Covid-19-Pandemie fordert die Ärztin und Gesundheitsaktivistin Christiane Fischer von den Industriestaaten, den Patentschutz auf Medikamente aufzuheben und die medizinische Forschung stärker zu regulieren. Die Pandemie habe die Ungerechtigkeit in der globalen Gesundheitsversorgung noch verschärft, sagte die Vorsitzende des deutschen Zweiges des weltweiten Netzwerks „People’s Health Movement“ dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bielefeld. Bis heute seien die Impfstoffe gegen das Coronavirus sehr ungleich verteilt.
Während Deutschland in den vergangenen zwei Jahren geradezu „darin geschwommen“ sei, betrage die Impfquote in etlichen afrikanischen Ländern nur zehn Prozent oder weniger. Die Länder des Nordens und die Welthandelsorganisation sollten deshalb die Patente auf Impfstoffe und Medikamente aufheben oder zumindest die Regeln für die Patentinhaber verschärfen, um die Ungleichheit zu beseitigen, verlangte Fischer.
Die Ärztin kritisierte außerdem, dass die medizinische Forschung sich während der Pandemie „fast nur noch auf Covid“ konzentriert habe. Forschungen zu von Armut begünstigten Krankheiten wie Tuberkulose, Malaria oder Aids seien vernachlässigt worden. Hier müsse die Politik Regeln schaffen, um die Mittel „in die richtigen Bahnen“ zu lenken, mahnte sie.
Covid-19 sei zweifellos ein „Monster“, räumte Fischer ein. Aber im Vergleich etwa zur Tuberkulose (TB) könne man fragen, „ob es wirklich die schlimmste Krankheit auf der Welt war.“ In Indien etwa sei die Zahl der Toten durch TB in den vergangenen Jahren gestiegen. Im gleichen Zeitraum habe die Zahl der Behandlungen von Tuberkulose-Infektionen wegen der Corona-Restriktionen abgenommen.
Durch teils „drakonische“ Anti-Corona-Maßnahmen sei in vielen Ländern des globalen Südens der Zugang ärmerer Menschen zu Gesundheitsdiensten noch stärker eingeschränkt gewesen als zuvor, beklagte die Medizinerin. In Peru etwa seien die Gesundheitsposten sogar monatelang geschlossen gewesen, weil das Personal für die Covid-Bekämpfung abgezogen wurde. Es habe an Ärztinnen und Ärzten ebenso gefehlt, wie an Intensivbetten und Sauerstoffgeräten. Als Ursachen für diese Misere nannte Fischer „Privatisierung und Zersplitterung“ des Gesundheitssystems. Generell gelte: „Wo ein Gesundheitssystem schwach war, wurde es noch schwächer.“