TV-Tipp: "Steirergift"

Getty Images/iStockphoto/vicnt
6. Februar, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Steirergift"
Das Duo Prinz und Unterberger ist sehenswert wie eh und je, zumal die gereizte Stimmung zwischen dem Ermittlungsteam eine ungewohnte Farbe in den Film bringt.

Die Musik klingt bodenständig und lässt zunächst nichts Böses ahnen, doch dann ändert sich der Tonfall. Die Thriller-Elemente nehmen den Herzschlag einer jungen  Frau auf, die sich eine Böschung hinaufkämpft. Als sie einen Heißluftballon erblickt, schlägt ihr Herz kurz schneller; dann bleibt es stehen. Später erfahren Sascha Bergmann und Anni Sulmtaler (Hary Prinz, Anna Unterberger) vom LKA Graz, welche fatale Rolle ein derartiger Ballon vor einigen Jahren im Leben von Julia Moser gespielt hat: Als sie 15 wurde, hat sie sich von den Eltern eine Ballonfahrt gewünscht. Den Absturz hat sie wie durch ein Wunder überlebt, die Eltern sind gestorben. Fortan hat ihre ältere Schwester Vanessa Vater und Mutter ersetzt. 

Geschickt verteilt das Ehepaar Wolfgang und Maria Murnberger die Spannung im elften Steiermark-Krimi auf mehrere Ebenen: hier die Ermittlungen des LKA-Duos, dort die Nachforschungen Vanessas, schließlich die Rückblenden, die sich abwechselnd aus Erinnerungen und Visionen der Schwester sowie den Aussagen der Verdächtigen zusammensetzen. Die Autopsie der Leiche ergibt Spuren von K.o.-Tropfen: Julia ist betäubt, vergewaltigt und anschließend wie Müll irgendwo am Straßenrand entsorgt worden; kein Wunder, dass Sulmtaler, die sich in solch’ eine Situation besser hineinversetzen kann als der Kollege, von heiligem Zorn erfasst wird.

Natürlich entgeht ihr nicht, dass Bergmann ziemlich angetan von Vanessa Moser (Julia Koschitz) ist. Anfangs amüsiert sie das bloß, später ist sie hellauf empört: Der Vorgesetzte beginnt eine Affäre mit der trauernden Schwester, die sich die Beziehung prompt zunutze macht, um über den Stand der Dinge auf dem Laufenden zu bleiben. Eine weitere Besonderheit dieses Krimis, der wie schon die letzten Drehbücher der Murnbergers nicht mehr auf einer Romanvorlage von Claudia Rossacher basiert, ist der Kreis der jungen Männer, auf die sich die Befragungen alsbald konzentrieren. Julia hat im "Absacker" gearbeitet. Der Wirt, "Spezitoni", hat offenkundig etwas zu verbergen, ist aber ein viel zu kantiger Typ, um aus Sicht von Krimifans wirklich als Täter in frage zu kommen, ganz im Gegensatz zu seiner Kundschaft.

Schlagende Verbindungen sind im Film immer ein Hort des Unheils. Wenn eine Handlung in diesem Milieu angesiedelt ist, kann es keinen Zweifel geben, dass einer oder möglicherweise auch mehrere der hieb- und stichfesten Burschenschaftler für die begangenen Taten verantwortlich ist; erst recht, wenn sie auch noch aus gutem Hause stammen. Natürlich fragen sich Bergmann und Sulmtaler, ob die Mitglieder der "Militia", getreu ihrer Devise "In Ewigkeit verbunden" ein verschworener Haufen, schon öfter derartige Verbrechen begangen haben, denn Julias Tod war vermutlich nicht geplant; offenbar hat sie die K.o.-Tropfen nicht vertragen, vielleicht hat sie auch eine Überdosis abbekommen.

Tatsächlich meldet sich nach einem entsprechenden Fernsehaufruf eine junge Frau, der nach einem Besuch im "Absacker" das gleiche Schicksal widerfahren ist. Als Zeugin ist sie allerdings aufgrund ihres Filmrisses wenig hilfreich. Außerdem tun die Eltern der Burschen alles, um ihre Sprösslinge vor dem Zugriff des Gesetzes zu schützen. Die Ermittlungen konzentrieren sich alsbald auf Julias Ex-Freund, der wohl nicht damit klar gekommen ist, dass sie die Beziehung beendet hat. Entsprechend bedeutsam war die Besetzung dieser Rollen mit zwar zumindest hierzulande unbekannten, aber guten Schauspielern. Das Duo Prinz und Unterberger ist ohnehin sehenswert wie eh und je, zumal die gereizte Stimmung zwischen dem Ermittlungsteam eine ungewohnte Farbe in den Film bringt.

Umso sympathischer ist schließlich die Erkenntnis, dass der Zwist nichts an der prinzipiellen freundschaftlichen Kollegialität der beiden ändern kann. Als Alternative für Julia Koschitz hätte sich auch Verena Altenberger angeboten: Ihre jüngere Schwester Judith verkörpert die Julia in den Rückblenden, und es wäre natürlich ein Knüller gewesen, wenn Murnberger beide Altenbergers für den Film gewonnen hätte.

Das soll die Leistung von Julia Koschitz, stets eine Garantin für vielschichtiges Spiel, in keiner Weise schmälern. Die Österreicherin ist so oft zu Gast im deutschen Fernsehen, dass viele Menschen sie hierzulande vermutlich für eine Landsfrau halten. Große Gesten liegen ihr fern, und das gilt auch für "Steirergift", selbst wenn die Rolle ein breites Gefühlsspektrum zwischen tiefer Trauer und finsterer Entschlossenheit bietet. Dass die tragische Geschichte kein gutes Ende nehmen wird, ist ohnehin klar; derlei ist selten der Fall, wenn sich TV-Kommissare verlieben.