Linksextremismus-Prozess: Verteidiger fordern Haftentlassung

Linksextremismus-Prozess: Verteidiger fordern Haftentlassung
Im Dresdner Linksextremismus-Prozess hat die Verteidigung mit ihren Plädoyers begonnen. Sie macht Gericht und Bundesanwaltschaft schwere Vorwürfe und vermisst Beweise für einige Anklagepunkte.

Dresden (epd). Im Dresdner Prozess um eine mutmaßlich linksextreme Gruppe fordern die Verteidiger, die mutmaßliche Rädelsführerin Lina E. in nahezu sämtlichen Anklagepunkten freizusprechen, und aus der Haft zu entlassen. Für ihre mutmaßliche Beteiligung an einem Angriff in Eisenach sei maximal eine Bewährungsstrafe zu verhängen, sagte einer ihrer Verteidiger am Mittwoch in Dresden. Die lange Verfahrensdauer und Untersuchungshaft sowie die Tatsache, dass Lina E. nicht vorbestraft ist, seien ebenfalls strafmildernd zu berücksichtigen. (Az.: 4 St 2/21)

E. sowie drei Männern werden tätliche Angriffe auf Rechtsextreme zwischen 2018 und 2020 in Leipzig, Wurzen und Eisenach vorgeworfen. Außerdem sollen sie eine linksextremistische kriminelle Vereinigung gegründet haben.

Konkrete Strafmaßforderungen stellten die Anwälte von Lina E. nicht. Allerdings plädierten sie dafür, den Haftbefehl gegen ihre Mandantin aufzuheben, da von ihr keine Gefahr ausgehe. Auch gebe es keine Anzeichen dafür, dass sie untertauchen könnte. Ihre Beteiligung sei nicht in allen vor dem Oberlandesgericht behandelten Taten nachgewiesen worden, sagte ihr Verteidiger Ulrich von Klinggräff.

Die Bundesanwaltschaft hatte dagegen für die mutmaßliche Linksextremistin aus Leipzig eine achtjährige Haftstrafe gefordert. Die Studentin der Erziehungswissenschaften sitzt seit knapp zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Der Prozess hatte im September 2021 begonnen. Die Plädoyers für die drei anderen Angeklagten, die derzeit auf freiem Fuß sind, sollten noch am Mittwoch beginnen und am Donnerstag fortgesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Männer Haftstrafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie drei Jahren und neun Monaten gefordert.

Verteidiger von Klinggräff kritisierte sowohl die Bundesanwaltschaft als auch den Senat des Oberverwaltungsgerichts scharf. Die Bundesanwaltschaft betreibe „politische Justiz“, sagte er in seinem Plädoyer. Es gebe einen „Schulterschluss zwischen Gericht und Anklagebehörde“.

Der Berliner Anwalt kritisierte die Anklage als von „Einseitigkeit und unbedingtem Verfolgungseifer“ geprägt. So hätte etwa strafmildernd berücksichtigt werden können, dass die Angeklagten nicht aus eigennützigen Motiven gehandelt hätten, sondern „der faschistischen Gefahr begegnen wollten“. Stattdessen werde eine „politisch motivierte Gleichsetzung linker und rechter Gewalt“ betrieben.

Richter und Richterinnen seien „nicht zu einer kritischen Überprüfung der Anklage der Bundesanwaltschaft in der Lage“, sagte von Klinggräff. Der Senat habe kein eigenes Interesse gezeigt, die Anklagepunkte zu hinterfragen und aufzuklären. Vielmehr sei „eine gemeinsame Front“ gegen die Angeklagten aufgebaut worden.

Lina E. habe eine „massive Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte“ erfahren. Es habe „exzessive Sicherheitsmaßnahmen, mediale Inszenierung und öffentliche Verleumdung“ gegeben, sagte von Klinggräff.

Die Plädoyers wurden im Verhandlungssaal von mutmaßlichen Sympathisanten der linken Szene sowie Familienangehörigen der Angeklagten mit Applaus verfolgt. Das Urteil im Prozess wird am 10. Mai erwartet. Die linke Szene kündigte bereits Proteste an.