Umweltverbände verklagen die EU-Kommission

Umweltverbände verklagen die EU-Kommission
Der Streit um die Taxonomie, mit der die Europäische Union Gas und Atomkraft als nachhaltige Anlagen einstuft, landet vor Gericht. Mehrere Umweltverbände verklagen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof.

Hamburg, Berlin (epd). Mehrere Umweltorganisationen wollen die Einstufung von Gas und Atomkraft als nachhaltige Energiequellen in der Europäischen Union (EU) auf gerichtlichem Wege kippen. Deshalb verklagen sie die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, wie sie am Dienstag in Hamburg und Berlin mitteilten. Greenpeace geht gegen die Einstufung von Atomkraft und Gas als nachhaltig vor, ein Bündnis von Organisationen unter Beteiligung von BUND und WWF zumindest gegen die Klassifizierung von Erdgas.

„Atom und Gas können nicht nachhaltig sein“, begründete Greenpeace-Geschäftsführerin Nina Treu die juristischen Schritte gegen die sogenannte EU-Taxonomie. Greenpeace kritisierte außerdem, dass damit Gelder in fossile Gas- und Atomkraftwerke flössen, die sonst in erneuerbare Energien gehen würden. Gerade Atomkraft sei weder eine Hilfe beim Übergang zur Treibhausgas-Neutralität noch frei von Umweltrisiken, machte Rechtsanwältin Roda Verheyen deutlich, die die Greenpeace-Klage vor dem Gerichtshof in Luxemburg vertritt.

Im Juli vergangenen Jahres hatte das Europaparlament Gas und Atomkraft unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig eingestuft und damit die Aufnahme in die EU-Taxonomie gebilligt. Die Taxonomie soll Anlegerinnen und Anlegern Orientierung bieten, wie sie ihr Geld eher in umwelt- und klimafreundliche Wirtschaftsbereiche investieren können. Den Vorschlag, auch Gas und Atomkraft entsprechend einzustufen, hatten Politiker, Wissenschaftler und Umweltschützer bereits im Zusammenhang mit der Entscheidung des EU-Parlaments kritisiert.

Greenpeace hatte im Herbst Widerspruch gegen die Taxonomie bei der EU-Kommission eingelegt und bereits damals angekündigt, notfalls vor Gericht zu klagen. Diese Ankündigung setzte die Umweltorganisation jetzt um. An der Klage sind den Angaben zufolge neben Greenpeace Deutschland noch sieben andere Länderbüros der Umweltorganisation beteiligt.

Ein zweites Bündnis, bestehend aus WWF, BUND, ClientEarth sowie Transport & Environment, wendet sich in seiner Klage gegen das Einstufen von Erdgas als nachhaltig. Der WWF-Experte für nachhaltige Finanzierung, Jochen Krimphoff, nannte als Ziel der Klage, „Greenwashing zu verhindern und die Glaubwürdigkeit der gesamten EU-Taxonomie zu retten“.

Die wissenschaftliche Beratung der EU-Kommission sei eindeutig ausgefallen: Fossiles Erdgas sei „nicht nachhaltig, die Emissionen wirken sich negativ auf Klima und Natur aus“, sagte Krimphoff. Die EU-Kommission habe ihre eigenen Expertinnen und Experten ignoriert. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt sprach von einer „dreisten Form des Greenwashing“, zudem habe sich die EU-Kommission mit ihrer Taxonomie „rechtlich auf sehr dünnes Eis begeben“.

Der BUND hatte bereits am Vortag kritisiert, die EU-Kommission verstoße gegen ihr eigenes Klimagesetz. „Da die Kommission trotz anhaltender Kritik von Umweltgruppen eine Revision ihrer Entscheidung ablehnt, soll die irreführende Taxonomie-Einstufung über die Verbände-Klage nun vom Europäischen Gerichtshof überprüft werden“, hieß es. Mit einer ersten mündlichen Anhörung sei in der zweiten Hälfte nächsten Jahres, mit einem Urteil Anfang 2025 zu rechnen.