Frankfurt a.M. (epd). Vertreter von Wissenschaft, Sport und Kirchen haben auf dem 5. Sportethischen Fachtag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kontrovers über das Verhältnis von Sport und Politik diskutiert. Der Aachener Sport- und Kulturwissenschaftler Sven Güldenpfennig betonte die Autonomie des Sports von der Politik. Sport dürfe nicht instrumentalisiert werden, plädierte er am Dienstag in der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main. Daher wandte der Wissenschaftler sich auch gegen den Boykott von Sportveranstaltungen aus politischen Gründen. Die Kampagne gegen Katar als Ausrichterland der Fußball-WM 2022 sei „unbillig“ gewesen.
Das Einhalten von Menschenrechten könne nicht die Voraussetzung für das Abhalten von Sportereignissen sein, sagte Güldenpfenig. Sonst könnten letztlich überhaupt keine internationalen Wettkämpfe mehr stattfinden. Die Verantwortung für die Politik liege bei der internationalen Diplomatie. Auch der Ausschluss von russischen und belarussischen Athleten von Wettkämpfen sei ein Fehler. Im Sport gelte der Grundsatz, freien Zugang zu gewähren und nicht zu diskriminieren. Auch habe er keine friedenspolitische Botschaft, er könne nur das Modell eines gewaltfreien Wettbewerbs vorführen. Wenn der Sport sich politischen Interessen beuge, opfere er seinen „Sinnkern“ auf dem Altar einer politischen Gesinnung, resümierte der Wissenschaftler.
Der Sportbeauftragte des EKD-Rates, der rheinische Präses Thorsten Latzel, widersprach dieser Position. Von den Olympischen Spiele im antiken Griechenland bis zum Boykott Olympischer Spiele durch Nationen in der jüngeren Vergangenheit sei der Sport immer auch politisch gewesen, sagte er. Die Frage sei, ob der Sport eine offene zivile Gesellschaft fördere oder die Politik machen lasse, was sie wolle. Die Entscheidung für Katar als Ausrichterland der Fußball-WM 2022 müsse daher infrage gestellt werden. Wo Menschenrechte massiv verletzt würden, müsse der Instrumentalisierung des Sports durch die Politik widersprochen werden, sagte der Präses dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die internationalen Sportverbände verträten derzeit nicht die Zweckfreiheit des Sports.