"Wenn man einem Menschen eintrichtert, dass diese Musik und jene Kleidung unislamisch sind, dass Gott nicht will, dass deine Stirnlocke unterm Kopftuch herausguckt, dann fragen sich viele: Das soll Islam sein?", sagte Amirpur der im hessischen Oberursel erscheinenden Monatszeitschrift "Publik-Forum" (Freitag). Das sei "die effektivste Form, eine Säkularisierung voranzutreiben".
Nur noch 30 bis 40 Prozent der Menschen in Iran bezeichnen sich Amirpur zufolge als gläubige Muslime. Das islamistische Experiment sei gescheitert, das Mullah-Regime habe die Religion ausgehöhlt.
Es gebe derzeit ein einmaliges Veränderungspotenzial, stellte die Islamwissenschaftlerin mit Blick auf die seit Monaten anhaltenden Proteste in dem Land fest. Anders als früher seien nun alle Schichten an Protesten beteiligt. Außerdem seien mittlerweile fast zwei Drittel aller Studierenden im Iran Frauen, zugleich seien sie Bürger zweiter Klasse. "Haben die Islamisten nicht nachgedacht?", fragte Amirpur. "Wie kommt man auf die Idee, Frauen so viel Bildung zu geben und so wenig Rechte?"
Ein militärischer Angriff auf den Iran, um ihn vom Bau einer Atombombe abzuhalten, bedeute aber wahrscheinlich das Ende der Reformbewegung, warnte die Forscherin. Die westliche Sanktionspolitik sei ebenso fehlgeleitet, weil sie die Mittelschicht verarmen lasse und der Schattenwirtschaft der iranischen Revolutionsgarden nutze. Wichtig sei vielmehr, dass sich der Westen konsequent hinter das Ansinnen der Bevölkerung stelle, sagte Amirpur: "Die Iranerinnen und Iraner sollen wissen: Wir sind nicht vergessen."