Menschenrechtsinstitut: Moratorium kann Zwangsräumungen stoppen

Menschenrechtsinstitut: Moratorium kann Zwangsräumungen stoppen
17.02.2023
epd
epd-Gespräch: Dirk Baas

Berlin (epd). Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) pocht angesichts hoher Wohnkosten auf ein Kündigungsmoratorium. „Niemand sollte wegen Miet- oder Energieschulden seine Wohnung verlieren“, sagte die wissenschaftliche Mitarbeiterin Claudia Engelmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Deshalb brauchen wir für Menschen mit Mietschulden langfristig finanzierte Beratungsstrukturen vor Ort“, sagte die Expertin. Sie beklagte zudem eine lückenhafte Datenbasis.

Die Gefahr, dass mehr Menschen wegen steigender Mieten und hoher Kosten für Strom und Heizung ihre Wohnungen verlieren, sei sehr real, sagte Engelmann. Laut Angaben der Caritas suchten aktuell viele Bürgerinnen und Bürger zum ersten Mal in ihrem Leben eine Sozial- oder Schuldnerberatung auf. Das sei ein alarmierender Trend, sagte die Expertin.

Zugleich betonte sie, dass „wir insgesamt sehr wenig über das Thema Wohnungsverlust wissen: Wie viele Menschen sind jedes Jahr tatsächlich von Räumungen betroffen? Wie viele Familien, wie viele Kinder? Was passiert mit den Menschen danach? Auf all diese Fragen findet man keine Antworten“. Teilweise würden zwar Zahlen erhoben, etwa über die angeordneten Räumungen, aber nicht flächendeckend über tatsächlich vollzogene Räumungen. Auch lägen nicht für alle Bundesländer Daten vor. „Es braucht hier dringend mehr Forschung, um die Datenlücken zu schließen.“

Aus ihrer Sicht sind die Energiepauschale und auch die Wohngeldreform der Bundesregierung zu begrüßen. „Allerdings dauert es viel zu lange, bis das Geld bei den Empfängern ankommt“, sagte Engelmann. Auch deshalb brauche es unbedingt ein Kündigungsmoratorium. „Einige Bundesländer haben Härtefallfonds aufgelegt. Aber auch das ist nur eine kurzfristige Lösung.“

In der Praxis vor Ort habe sich das Modell einer Fachstelle bewährt. Dort würden alle kommunalen Wohnungsnotfallhilfen gebündelt, etwa Mietschuldenübernahme, präventive Beratung, Notunterbringung und dauerhafte Wohnungsversorgung. „So bekommen die Menschen rechtzeitig die Unterstützung, die sie brauchen, um eine Räumung vielleicht noch abzuwenden. Die Kommunen sollten rasch in solche Fachstellen investieren“, riet die Expertin.