Frankfurt a.M. (epd). Die Bundesregierung hat ein Treffen mit Hilfsorganisationen zur weiteren humanitären Hilfe in Afghanistan auf unbestimmte Zeit verschoben. Das erfuhr der Evangelische Pressedienst (epd) aus Kreisen von Nichtregierungsorganisationen. Das Treffen hätte am morgigen Dienstag stattfinden sollen. Es bedürfe einer weiteren Abstimmung, hieß es demnach zur Begründung.
Nach dem Beschäftigungsverbot für Frauen bei Hilfsorganisationen in Afghanistan erwägt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach Informationen aus dem Bundestag das Aussetzen bestimmter humanitärer Hilfsleistungen, konkret im Bereich Ernährungssicherung. Mehr als 20 Hilfsorganisationen haben sich dagegen ausgesprochen.
Die radikalislamischen Taliban hatten an Weihnachten erklärt, Frauen dürften nicht mehr für Hilfsorganisationen arbeiten, weil sie sich nicht an die Kleiderordnung hielten. Seitdem sind einige Ausnahmen gemacht worden, beispielsweise für den Gesundheits- und Grundschulbildungsbereich. Dennoch mussten etliche Organisationen ihre Hilfe aussetzen oder können nur sehr eingeschränkt arbeiten.
Baerbock will daraus Konsequenzen für die Hilfe ziehen. Einem Sprecher des Auswärtigen Amtes zufolge spielt dabei eine wichtige Rolle, „dass humanitäre Hilfe in Sektoren und Regionen, die vom Arbeitsverbot für Frauen betroffen sind, in der Regel nicht im Einklang mit den humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität erfolgen kann“. Über das weitere Engagement in Afghanistan liefen Abstimmungen.
Genau dazu sollte nach Einschätzungen der Hilfswerke das kurzfristig abgesagte Treffen dienen. 22 Organisationen hatten Baerbock vergangene Woche in einem Brief, der dem epd vorliegt, ihre Sorge über mögliche Kürzungen bei den humanitären Hilfsleistungen vorgebracht. Zwar begrüßen sie die klare Positionierung der Bundesregierung gegen das Beschäftigungsverbot für Frauen. Als Konsequenz, die Mittel für die humanitäre Hilfe umzuwidmen oder einzustellen, sei jedoch das falsche Signal mit fatalen Folgen für die Bevölkerung.
In Afghanistan herrscht laut den UN eine beispiellose humanitäre Krise. Mehr als 28 Millionen der etwa 43 Millionen Einwohner sind auf Unterstützung angewiesen, um überleben zu können. Sechs Millionen Menschen sind demnach an der Schwelle zu einer Hungersnot.