Dachau (epd). Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, beklagt eine unzureichende Würdigung von Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. In der Erinnerungsarbeit stünden meistens Männer im Vordergrund: „Von Frauen war nie viel die Rede“, sagte die 90-Jährige am Dienstagabend bei einem Diskussionsabend der „Initiative Erinnerungstag im deutschen Fußball“. Deren Kampagne rücke dieses Jahr den Schwerpunkt „Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ in den Mittelpunkt, sagte Sprecher Eberhard Schulz.
Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ist, erinnerte an ihre Retterin Zenzi Hummel. Die ehemalige Haushälterin ihres Onkels hatte sie auf Bitten des Vaters als Mädchen auf dem mittelfränkischen Bauernhof der Familie aufgenommen, um sie vor Verfolgung und Deportation zu schützen. Die fromme Christin habe dafür Verleumdung und Spott der Dorfgemeinschaft ertragen und sei zugleich „wie eine Mutter“ für sie gewesen, sagte die Holocaust-Überlebende.
Auch Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), stellte fest, „dass die Geschichten von Frauen, die Widerstand geleistet haben, kaum erzählt werden“. Dabei seien aber gerade die vielen kleinen Geschichten wichtig und berührend. „Sie zeigen, dass jede und jeder Teil eines Widerstands werden könnte“, sagte die 26-Jährige bei der Gedenkveranstaltung. Widerstand fange nicht erst mit Putschplänen an, „sondern schon beim Abendessenstisch, wenn man gegen Vorurteile Stellung bezieht“, betonte Heinrich.
Die „Initiative Erinnerungstag im deutschen Fußball“ wurde 2004 in der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau gegründet. In Kooperation mit der Deutschen Fußballliga (DFL) ruft sie jedes Jahr bei den Bundesligaspielen rund um den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar mit Stadiondurchsagen zum Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus auf.