Bischofskonferenz: Betroffene erhalten Widerspruchsrecht

Bischofskonferenz: Betroffene erhalten Widerspruchsrecht
Betroffene von Missbrauch in der katholischen Kirche erhalten künftig mehr Rechte im Verfahren um Anerkennungsleistungen: Sie können Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen und erhalten das Recht auf Akteneinsicht.

Bonn (epd). Betroffene sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche dürfen in Zukunft Widerspruch einlegen, wenn sie mit der Höhe ihrer Anerkennungszahlungen nicht einverstanden sind. Wie die katholische Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag mitteilte, haben sich Bischöfe, Betroffene und Vertreter der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen auf diese Änderung geeinigt. Zudem sollen Betroffene das Recht erhalten, ihre Verfahrensakte einzusehen. Die Änderung gilt ab dem 1. März.

Damit werden zwei wesentliche Forderungen von Betroffenen umgesetzt, die das Verfahren zur Anerkennung erlittenen Leids in der katholischen Kirche wiederholt als intransparent kritisiert hatten. In der Vergangenheit hatten Betroffene zudem die Höhe der zuerkannten Leistungen als zu niedrig bemängelt.

Der Sprecher des Betroffenenbeirats, Johannes Norpoth, erklärte, der Beirat gehe davon aus, dass zahlreiche Betroffene eine Überprüfung der Leistungsbescheide beantragen. Er forderte zudem, dass die Bischofskonferenz die notwendigen Kapazitäten für das Verfahren und die Akteneinsicht zur Verfügung stelle, um Antragsstaus zu vermeiden.

Betroffene können den Angaben zufolge ihren einmaligen Widerspruch formlos über die unabhängigen Ansprechpersonen oder die für sie zuständige kirchliche Institution einlegen. Um das Verfahren für die Betroffenen niederschwellig zu halten, bedürfe der Widerspruch keiner Begründung, hieß es. Betroffene, deren Verfahren bereits abgeschlossen sind, haben bis zum 31. März 2024 Zeit für einen Widerspruch. Ansonsten haben Betroffene künftig zwölf Monate ab Bekanntgabe der Entscheidung Zeit für einen Widerspruch, heißt es in der geänderten Verfahrensordnung. Über den Widerspruch entscheidet die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen.

Seit Januar 2021 gilt das neue Verfahren zur Anerkennung erlittenen Leids. Betroffene können über die unabhängigen Ansprechstellen der Bistümer Anträge stellen. Beweise für die Tat müssen sie nicht erbringen, nach Angaben der Bischofskonferenz reicht es, wenn ihre Schilderung plausibel ist. Zuständig für die Entscheidung ist die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen, deren Vorsitzende die pensionierte Richterin Margarete Reske ist.

Die Höhe der Leistungen bemisst sich an zivilen Schmerzensgeldtabellen. Die Bischofskonferenz hatte stets betont, die Zahlungen orientierten sich am oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder.

Am Freitag wird der neue Tätigkeitsbericht der Unabhängigen Kommission für das vergangene Jahr veröffentlicht. Nach Angaben der Unabhängigen Kommission waren im Jahr 2022 552 Anträge eingegangen. Insgesamt wurden jedoch 1.223 Anträge entschieden, darunter noch offene Anträge aus dem Jahr 2021. Laut Kommission wurden 2021 insgesamt 12,9 Millionen Euro an Anerkennungsleistungen zuerkannt.