Innenminister: Polizei-Einsatz in Lützerath "gut und professionell"

Innenminister: Polizei-Einsatz in Lützerath "gut und professionell"
Ermittler zählen knapp 500 Straftaten von Aktivisten
Im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Räumung des Dorfes Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier hat die Polizei bislang 500 Straftaten erfasst. Innenminister Reul erklärt, der Polizeieinsatz sei "professionell gelaufen".

Düsseldorf, Lützerath (epd). Bei der Räumung des Dorfes Lützerath (Kreis Heinsberg) hat die Polizei bislang fast 500 mutmaßliche Straftaten registriert. Es gehe um knapp 400 Straftaten bei der Räumung des Weilers im rheinischen Braunkohlerevier und mehr als 50 während einer Großdemonstration am vergangenen Samstag, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages in Düsseldorf. An Delikten nannte er Nötigung, Widerstand, tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. Der Minister sprach von einer vorläufigen Bilanz.

Dem Bericht des Innenministeriums zufolge wurden in der Spitze bis zu 3.700 Polizisten in Lützerath eingesetzt. Die Räumung der Ortslage habe vom 11. bis 15. Januar gedauert. 372 Menschen hätten das Dorf freiwillig verlassen, 159 mussten von der Polizei weggebracht werden. Vor allem zu Beginn der Räumung seien die Einsatzkräfte von den Aktivisten mit Steinen, Pyrotechnik, Flaschen und Molotowcocktails beworfen worden.

Laut Reul wurden bei der Räumung der Ortslage am Braunkohle-Tagebau Garzweiler II mehr als 100 Polizistinnen und Polizisten verletzt. Die allermeisten Einsatzkräfte hätten aber weiterarbeiten können. Bei den verletzten Personen aus der Gruppe der Klimaaktivisten sei nach jetzigem Stand die schwerste Verletzung eine Gehirnerschütterung gewesen. Die Meldung, dass es eine lebensgefährliche verletzte Person unter den Protestierenden gegeben habe, sei falsch. Im Zusammenhang mit den Protesten sind oder waren nach den Worten des CDU-Politikers zehn Aktivisten in „längerfristigem Gewahrsam“.

Der Innenminister wies den Vorwurf eines überharten Einsatzes der Polizei gegen die Protestierenden zurück. Der Einsatz der Polizei sei „gut und professionell gelaufen“, die Beamten hätten den Schlagstock nur bei einer Gefährdung eingesetzt. Offenbar hätten einige der Aktivisten „kriegsähnliche Zustände“ angestrebt, betonte Reul. Bisherigen Erkenntnissen zufolge hätten sich Anhänger der autonomen Szene aus ganz Deutschland und dem Ausland vor Ort eingefunden. Sollte es zu Übergriffen der Polizei gekommen sei, würden diese von der Justiz verfolgt, sagte Reul. Dem Minister zufolge wird derzeit in fünf Fällen gegen Polizisten wegen möglicher Übergriffe ermittelt - wegen Körperverletzung oder sexueller Belästigung.

Bei der Großdemonstration vom vergangenen Samstag hatten laut dem Ministerium mehrere Tausend Menschen versucht, in den geräumten Ort vorzudringen. Um das zu verhindern, setzte die Polizei Schlagstöcke ein. Auch Wasserwerfer waren im Einsatz: Allerdings seien die Beteiligten nur „beregnet“ worden, betonte Reul.

Der Minister unterstrich zudem, dass es kein Einschränkungen bei der Berichterstattung der Medien gegeben habe. Die Polizei habe den Medienschaffenden „volle Transparenz“ ermöglicht. Das Medieninteresse an der Räumung und den Protesten war offenbar gewaltig: Rund 900 Menschen wurden als Medienvertreter akkreditiert und rund 3.400 Medienanfragen bearbeitet.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, bezeichnete den Einsatz in Lützerath als „sehr erfolgreich“. Durch das Vorgehen der Einsatzkräfte seien die „polizeilichen Ziele binnen kürzester Zeit erreicht“ worden, sagte der Gewerkschafter am Donnerstag im WDR-Radio. Die Beamtinnen und Beamten hätten „mit viel Kommunikation zur Deeskalation beigetragen“. Sollte es zu Übergriffen durch Beamte gekommen ein, werde dies von der Justiz aufgearbeitet, erklärte Wendt. Die Ereignisse vor Ort seien „gut dokumentiert“, jeder Beamte und jede Beamtin habe Kennzeichen an der Uniform getragen und sei zu identifizieren.