Regionale Landwirtschaft anstatt Abhängigkeit von Lebensmittelhilfen

Regionale Landwirtschaft anstatt Abhängigkeit von Lebensmittelhilfen
Hunderte Millionen Menschen weltweit sind von Hunger betroffen. Die Bundesregierung will dagegen angehen und setzt auf langfristigen Erfolg. Afrika soll unabhängiger von Lebensmittel-Einfuhren werden und sich selbst versorgen können.

Berlin (epd). Mit mehr regionaler Landwirtschaft und weniger Lebensmittelverschwendung will die Bundesregierung den Kampf gegen Hunger weltweit voranbringen. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte am Mittwoch bei einer Regierungsbefragung im Bundestag in Berlin, dass bislang importierter Weizen, Reis, Mais oder Kartoffeln die Ernährung in vom Hunger bedrohten Ländern ausmachten. Dabei sehe die traditionelle Ernährung ein viel breiteres Spektrum vor.

Als Beispiele nannte sie Maniok sowie lokale Gerste- und Hirse-Sorten, die viel besser an die Temperaturen vor Ort angepasst seien. Deshalb unterstütze die Bundesregierung gerade in Afrika die Produktion solcher heimischen Sorten, damit etwa Brot nicht nur aus Weizen produziert werde, sondern auch aus alten Gerstenarten. Aus dem Bundesetat fließen nach ihren Angaben derzeit jährlich zwei Milliarden Euro in den Kampf gegen Hunger.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) befasst sich am Samstag auf der internationalen Berliner Agrarministerkonferenz ebenfalls mit der Bewältigung der aktuellen Ernährungskrise. An der Veranstaltung im Auswärtigen Amt, zu der rund 80 Landwirtschaftsministerinnen und -minister aus aller Welt eingeladen sind, nimmt auch die Landwirtschaftskommissarin der Afrikanischen Union, Josefa Sacko, teil sowie der ukrainische Minister für Agrarpolitik, Mykola Solskyj. Derzeit haben weltweit mehr als 800 Millionen Menschen nicht genug zu essen.

Özdemir sagte, der Welt drohe die größte Nahrungsmittelkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Nötig sei eine neue Balancierung der Gelder für Nothilfe und der Entwicklungsgelder: Die von Hunger betroffenen Länder müssten weg von der Abhängigkeit von akuten Lebensmittelhilfen des Westens. Ein besonderes Augenmerk will er auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft legen, denn diese ernähre die Hälfte der Menschheit. Auch die massive Lebensmittelverschwendung müsse reduziert werden.

Özdemir sagte, dass sein Ministerium aktuell untersuchen lasse, wie sich der Export von deutschen Fleisch- und Milchprodukten sich auf die Chancen afrikanischer Märkte auswirkt. Im März sollten die Studienergebnisse präsentiert werden.

Mit einem Vorhaben des Bundesumweltministeriums sollen indes mehr Ackerflächen für die Nahrungsmittelproduktion gewonnen werden. Dafür soll in Deutschland der Anteil von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen reduziert werden. Wie aus Regierungskreisen verlautete, werden allein 2023 voraussichtlich etwa zehn Millionen Tonnen Pflanzen wie Raps, Mais, Weizen und Soja in die Biosprit-Produktion gehen. Diese Pflanzen werden zum Teil im Ausland angebaut, wofür im Zweifel auch Wälder gerodet werden. Vorgesehen ist den Angaben aus der Regierung zufolge, die Quote für die Beimischung der Kraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln von aktuell 4,4 Prozent schrittweise bis auf null im Jahr 2030 zu senken.