Berlin (epd). Nach einem Rückgang in der Corona-Pandemie haben im vergangenen Jahr wieder mehr Menschen einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. Wie das Bundesinnenministerium am Mittwoch mitteilte, wurden 217.774 Erstanträge auf Asyl registriert. Das war gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um rund 47 Prozent (2021: 148.233 Anträge).
Hinzu kamen rund 26.000 Folgeanträge - deutlich weniger als im Vorjahr, womit sich die Gesamtzahl der Asylanträge im Jahr 2022 um 28 Prozent erhöhte. Elf Prozent der Erstanträge - rund 25.000 - wurden für bereits in Deutschland geborene Kinder gestellt. Die Zahl der 2022 neu in Deutschland angekommenen Flüchtlinge liegt damit bei rund 192.000.
Hauptherkunftsländer der Schutzsuchenden waren erneut Syrien (72.646 Anträge) und Afghanistan (41.471 Anträge). Die Türkei war mit 25.054 Anträgen dritthäufigstes Herkunftsland. 2021 lagen Syrien, Afghanistan und der Irak auf den ersten drei Plätzen. Neu auf der Liste der sogenannten „zugangsstärksten Staatsangehörigkeiten“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge war 2022 Russland. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stellten im Gesamtjahr 2.851 Menschen aus Russland einen Erstantrag auf Asyl, allein 529 im vergangenen Dezember. Sie machten aber im Gesamtjahr 2022 nur 1,3 Prozent der Asylerstanträge aus.
Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ist in der Asyl-Statistik nicht erfasst, weil sie nicht das reguläre Asylverfahren durchlaufen. Laut Bundesinnenministerium wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs rund eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland registriert. Sie machten damit rund 80 Prozent der Schutzsuchenden in Deutschland aus, betonte das Bundesinnenministerium. Wie viele sich davon aktuell in der Bundesrepublik aufhalten, ist nicht genau erfasst.
Auch in anderen Teilen der Welt seien Menschen auf der Flucht vor Krieg und Terror, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie versprach, der Bund stehe an der Seite von Ländern und Kommunen bei der Aufgabe, die Flüchtlinge zu versorgen und unterzubringen. Der Bund unterstützt in erster Linie finanziell. 2,75 Milliarden Euro hat er den Ländern in diesem Jahr dafür versprochen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Angaben zufolge im vergangenen Jahr über 228.673 Asylgesuche entschieden. 40.911 Personen (17,9 Prozent) erhielten den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention, 87.552 (38,3 Prozent) anderweitigen Schutz. 49.330 Anträge (21,6 Prozent) wurden abgelehnt, 50.880 Anträge (22,3 Prozent) erledigten sich, etwa weil ein Antrag zurückgenommen wurde.
Als abgelehnt geht ein Antrag aber auch dann in die Statistik ein, wenn ein anderer EU-Staat für die Bearbeitung zuständig ist. Die Zahl der Anträge, deren Asylbegehren aus inhaltlichen Gründen abgelehnt wurde, liegt damit niedriger. Die sogenannte bereinigte Schutzquote, die formelle Entscheidungen herausrechnet, lag nach Angaben der Linken 2022 bei mehr als 70 Prozent und damit so hoch wie nie. Zum Vergleich: Das Bundesamt gibt eine Schutzquote von 56 Prozent an. Die Statistik für das Jahr 2022 zeige vor allem, dass die in Deutschland ankommenden Schutzsuchenden in hohem Maße schutzbedürftig seien, erklärte die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte, dass auch nach dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten im Iran Asylanträge von Menschen in dem Land immer noch in hoher Zahl abgelehnt würden. Sie forderte einen Stopp der Ablehnungen angesichts der Menschenrechtslage im Iran. 2022 stellten der Statistik zufolge 6.322 Iranerinnen und Iraner einen Asylantrag in Deutschland.