Chefs von Sicherheitsbehörden: Verfassungstreue stärker überprüfen

Chefs von Sicherheitsbehörden: Verfassungstreue stärker überprüfen
Nach der Terror-Razzia gegen eine Vereinigung aus der "Reichsbürger"-Szene dringen die Chefs des Bundeskriminalamtes sowie des Verfassungsschutzes, bei Beschäftigten von Polizei, Sicherheitsbehörden und Bundeswehr genauer hinzuschauen.

Frankfurt a.M. (epd). Die Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) sowie des Bundesverfassungsschutzes dringen auf eine schärfere Überprüfung von Beschäftigten in den Sicherheitsbehörden auf deren Verfassungstreue. In Zeiten der Polarisierung müsse man sich darauf verlassen können, dass alle uneingeschränkt hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, sagte BKA-Präsident Holger Münch am Donnerstag angesichts der bundesweiten Terror-Razzia. Die am Mittwoch zerschlagene Vereinigung besaß Verbindungen in die Bundeswehr und zur Polizei.

Sogenannte Sicherheitsüberprüfungen seien beim BKA und in vielen Landespolizeien bereits üblich. Münch geht davon aus, dass solche Überprüfungen auch dort, wo es sie noch nicht gibt, bald eingeführt werden. Darüber hinaus gelte es, „ständig an den Werten und Überzeugungen zu arbeiten und klarzumachen, wofür wir stehen“. „Und das muss jeden Tag passieren“, betonte der BKA-Präsident im „Morgenmagazin“ der ARD.

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sprach sich dafür aus, obligatorische Sicherheitschecks bei Einstellungen einzuführen. Zudem sollten aus seiner Sicht Fortbildungen zum Umgang mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen verstärkt und die Meldepflichten verbessert werden.

Aus seiner Sicht handelt es sich bei der Radikalisierung von Angehörigen von Bundeswehr und Sicherheitsbehörden um „mehr als Einzelfälle“. „Aber auf jeden Fall gilt weiterhin, die große überwältigende Masse der Beschäftigten in Sicherheitsbehörden steht wirklich mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes“, sagte Haldenwang am Mittwoch in den „Tagesthemen“ der ARD.

Am Mittwochmorgen hatte die Polizei eine den „Reichsbürgern“ zugeordnete terroristische Gruppe zerschlagen, die einen politischen Umsturz in Deutschland geplant haben soll. 22 mutmaßliche Mitglieder der Gruppe sowie drei mutmaßliche Unterstützer wurden festgenommen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ist unter den Festgenommenen auch ein Mitglied des Kommandos Spezialkräfte (KSK). Insgesamt stünden drei Bundeswehrsoldaten unter Verdacht.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) rechnet mit weiteren Festnahmen. „Erfahrungsgemäß folgt meistens noch eine zweite Welle“, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das sei der übliche Verlauf, nachdem Beweisstücke wie etwa Mobiltelefone ausgewertet wurden.

Unterdessen forderte der Konfliktforscher Andreas Zick mehr Präventionsprogramme gegen Extremismus aus der „Reichsbürger“- und „Querdenker“-Szene. „Es braucht einen nationalen Strategieplan, der die verschwörungsorientierten Gruppen, 'Reichsbürger' und andere Szenen im Blick hat“, sagte Zick dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bielefeld. Auch müsse die lokale Zivilgesellschaft gestärkt werden.

Zudem mahnte der Wissenschaftler spezielle Ausstiegsprogramme an. Zick sagte, die „Reichsbürger“-Bewegung sei zwar eine radikale Splittergruppe, es gebe jedoch Allianzen bis in die Mitte der Gesellschaft.

Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) bezeichnete unterdessen die festgenommene Richterin Birgit Malsack-Winkemann als „brandgefährlich“. Die Zivilrichterin am Landgericht Berlin und ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete habe sich demokratiegefährdend geäußert, sagte Kreck am Donnerstag im RBB-Inforadio.

Bereits seit dem vergangenen Sommer setze sie sich dafür ein, dass Malsack-Winkemann aus dem Dienst als Richterin entfernt wird. Das zuständige Dienstgericht hatte deren Versetzung in den Ruhestand allerdings abgelehnt. Die Justizsenatorin sagte weiter, es sei geplant gewesen, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Wegen der Ermittlungen sei es für Malsack-Winkemann nun ohnehin vorerst nicht möglich, als Richterin tätig zu sein.