Berlin (epd). Die Zahl der HIV-Infektionen in Deutschland geht nach der wissenschaftlichen Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) nicht zurück. 2021 haben sich geschätzt 1.800 Menschen, die in Deutschland leben, mit dem Aids verursachenden Virus angesteckt, wie aus der am Mittwoch anlässlich des Welt-Aids-Tags (1. Dezember) veröffentlichten Auswertung des RKI in Berlin hervorgeht. Das waren so viele wie im Jahr zuvor. Die Zahl könne aber unterschätzt sein, weil in der Pandemie möglicherweise weniger HIV-Tests in Anspruch genommen wurden, hieß es. „Unabhängig davon: Diese Fallzahlen sind immer noch zu hoch“, erklärte RKI-Präsident Lothar Wieler.
Er forderte weitere Anstrengungen, um zielgruppenspezifische Testangebote und Zugang zu Therapie und Prophylaxe zu verbessern. Die Zahl der mit HIV infizierten Menschen lag der Modellierung zufolge Ende 2021 bei 90.800. Laut der Schätzung ist die Infektion in 8.600 Fällen noch nicht diagnostiziert.
Bei den drei am stärksten betroffenen Gruppen gibt es dem RKI zufolge Unterschiede in der Fallentwicklung. Während die Zahl der Neuinfektionen bei Männern, die mit Männern Sex haben, zurückgeht, stagniert sie bei Menschen mit heterosexuellen Sexkontakten und bei Menschen, die intravenöse Drogen konsumieren.
96 Prozent der Menschen mit HIV-Diagnose erhalten der Modellierung zufolge eine antiretrovirale Therapie, die bei fast allen dazu führe, dass sie nicht mehr ansteckend sind. Der Einfluss der Präexpositionsprophylaxe auf das Infektionsgeschehen könne aufgrund des geänderten Verhaltens in der Pandemie nicht verlässlich eingeschätzt werden, es deute sich aber eine Verhinderung von Infektionen an, hieß es. Bei der Prophylaxe wird ein Medikament eingenommen, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Seit 2019 übernehmen die Kassen die Kosten dafür.