Schwerte, Bochum (epd). Die Haltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Protesten der Klimabewegung sorgt weiter für Diskussionen. Der Evangelische Arbeitskreis (EAK) der nordrhein-westfälischen CDU kritisiert in einem Beschluss die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, für Äußerungen zum Klimaaktivisten-Bündnis „Letzte Generation“. Heinrich habe „Straßenblockaden als legitimes Mittel des zivilen Widerstandes bezeichnet“, heißt es in der Stellungnahme, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. „Dieser Ansicht widersprechen wir.“ Auch der Bochumer Theologieprofessor Günter Thomas äußert in einem offenen Brief scharfe Kritik an Heinrich und der EKD-Synode.
Die EAK-Mitglieder zeigen sich besorgt, „dass solche Äußerungen der Evangelischen Kirche unermesslichen Schaden zufügen und die Leidensfähigkeit vieler Mitglieder in Anspruch nehmen“. „Wir halten die Unterstützung gewaltbereiter Aktivisten in einem demokratischen Gemeinwesen für friedensfeindlich und brandgefährlich“, heißt es in dem am Samstag in Schwerte gefassten EAK-Beschluss. „Wir laden ein zu einer breiten Debatte über die Bedeutung von Gewalt und Frieden in der Evangelischen Kirche und bitten ihre verantwortlichen Gremien um klärende Stellungnahmen.“
Der Arbeitskreis entschied sich gegen eine ursprünglich angekündigte Unterschriftensammlung, wie der Vorsitzende Henning Aretz dem epd mitteilte. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, sei „auf den EAK zugekommen und hat unsere Einladung zu einem Gespräch über die Bedeutung von Gewalt und Frieden angenommen“. Damit beginne „die von uns geforderte Debatte in der Evangelischen Kirche nun bereits hochrangig“.
Der Theologieprofessor Thomas warf Heinrich und der EKD-Synode in seinem Brief, der dem epd vorliegt, „die ausdrückliche Unterstützung von Aktivisten von 'Letzte Generation'“ vor. Er halte dies ebenso wie die dringende Empfehlung eines Tempolimits für „grundfalsch“ und bitte um eine Antwort auf die Frage, wie er und ähnlich denkende Christen sich verhalten sollten: „Soll ich einfach schweigen? Soll ich mich irgendwie fügen und unterordnen? Legen Sie mir nahe, die Evangelische Kirche zu verlassen?“, fragt der Professor für Systematische Theologie, Ethik und Fundamentaltheologie an der Ruhr-Universität Bochum. „Ich scheine ja nicht mehr in die Kirche zu passen, die Sie und die Synode mit großer Überzeugung repräsentieren wollen.“
Heinrich, die als Präses der Synode eines der drei EKD-Leitungsgremien neben Rat und Kirchenkonferenz repräsentiert, hatte Anfang November am Rande der EKD-Synodentagung in Magdeburg Respekt für die Klimaaktivisten geäußert. Sie stellten ihr eigenes Wohl zurück, um „gewaltfreien, zivilen Widerstand“ zu leisten. Zuvor hatte Aimée van Baalen als Vertreterin der „Letzten Generation“ zu den 128 Delegierten des Kirchenparlaments gesprochen und von großen Teilen des Plenums Applaus erhalten.
Das EKD-Synodenmitglied Sigrid Beer nahm Heinrich vor den Vorwürfen einer Parteinahme in Schutz. Die Synodenpräses habe Verständnis gegenüber dem „Antrieb und der großen Angst“ geäußert sowie dafür, dass alle Anstrengungen für Klimaschutz unternommen werden müssten, sagte Beer, die auch Mitglied der westfälischen Kirchenleitung ist, am Samstag vor der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen. „Das heißt nicht, dass alle Aktionen gutgeheißen werden, die da stattfinden.“ Dies sei im Nachhinein von Medien „in anderer Weise aufgegriffen worden.“
Die frühere Grünen-Landtagsabgeordnete nannte es berechtigt, über die Legitimität von Maßnahmen und die Position der evangelischen Kirche zu reden. Durch eine politische Zuspitzung sei aber eine einseitige Darstellung erfolgt. Auf der EKD-Synode sei dieses Thema, begonnen von einer Andacht über die inhaltlichen Impulse, klar schöpfungstheologisch eingebettet gewesen.