Scharm el Scheich (epd). Nach langem Streit hat die Weltklimakonferenz einen Fonds für Klimaschäden in ärmeren Ländern auf den Weg gebracht. Die Delegierten beschlossen das Finanzinstrument am frühen Sonntagmorgen im ägyptischen Scharm el Scheich unter dem englischen Titel „Loss and Damage“. Über den Fonds sollen ärmere und durch die Erderwärmung besonders bedrohte Länder bei klimabedingten Schäden und Verlusten Ausgleichszahlungen erhalten können.
Offen bleibt, ob nur die Industrieländer oder auch Schwellenländer in den Fonds einzahlen sollen. Diese und andere strittige Fragen soll ein Komitee klären und Vorschläge bis zur nächsten Klimakonferenz in einem Jahr in Dubai erarbeiten. China, der größte Treibhausgasverursacher der Welt, hatte finanzielle Verpflichtungen bis zuletzt abgelehnt.
Delegierte aus mehr als 200 Ländern haben in Ägypten zwei Wochen lang über eine weitere Umsetzung des Pariser Klimaabkommens verhandelt. Sie einigten sich auf ein Arbeitsprogramm zur Minderung der Treibhausgase bis 2030. Damit soll das Ziel von Paris erreicht werden, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. An diesem Punkt waren die Verhandlungen in der Nacht zum Samstag ins Stocken geraten. Die EU hatte mit einem Scheitern des Gipfels gedroht, weil die Entwicklungsländergruppe G77 derart vage Formulierungen wollte, dass das Arbeitsprogramm keinerlei Wirkung gehabt hätte.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, es sei immer klar gewesen, dass dieser Gipfel nicht einfach werde. „Beim Ergebnis liegen Hoffnung und Frustration nahe beieinander.“ Mit Blick auf den Fonds sprach sie von einem „Durchbruch bei der Klimagerechtigkeit“. Beim Klimaschutz sei immerhin ein Rückschritt hinter den Konsens der vergangenen Klimakonferenzen vermieden worden. Aber, „dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und Öl-produzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend“, fügte sie hinzu. „Die Welt verliert dadurch kostbare Zeit.“
Der Referent für Klimapolitik der Entwicklungsorganisation Oxfam, Jan Kowalzig, würdigte den beschlossenen Fonds als „Meilenstein“. Seit Jahren hätten die reichen Staaten diesbezügliche Forderungen oder Vorschläge abgeblockt, aus Angst, für ihre Verantwortung für das Verursachen der Klimakrise zur Rechenschaft gezogen zu werden. „Dass sich die Industrieländer nun endlich bewegt haben, war mehr als überfällig, angesichts der Zerstörungen, die die Klimakrise schon jetzt in vielen der ärmeren Länder des Globalen Südens anrichtet.“
Der Klimaexperte der Hilfsorganisation Care International, Sven Harmeling, würdigte ebenfalls die „historische Einigung bei Finanzhilfen für Klimaschäden“. Er begrüßte, dass die EU und Deutschland „ihre jahrelange Blockade aufgegeben und so wesentlich zu einer Einigung beigetragen haben“. Für die Befüllung des Fonds schlug Harmeling ein Zahlungssystem vor, das auch die fossile Energieindustrie als Verursacherin des Klimawandels in die Pflicht nimmt.
Die Umweltorganisation Germanwatch kritisierte derweil die ägyptische Präsidentschaft des Klimagipfels. Obwohl die überwältigende Mehrheit der Staaten das Runterfahren aller fossiler Energien gefordert habe, sei das nicht in den Abschlusstext aufgenommen worden, erklärte der politische Geschäftsführer Christoph Bals. Abschwächungen des Textes, die nur wenige Länder um Saudi-Arabien herum gefordert hätten, seien den anderen Staaten hingegen in „Friss-oder-Stirb“-Manier vorgelegt worden. Bals betonte: „Die ägyptische Präsidentschaft hat nicht im besten Interesse der Ärmsten und Verletzlichsten der Klimakrise sowie der Bevölkerung Afrikas gehandelt.“