Berlin (epd). Nach dem Rückzug Russlands aus dem Abkommen zur Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine mahnt Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) langfristige Strategien im Kampf gegen den Hunger an. Der russische Präsident Wladimir Putin nutze den Hunger als Waffe, sagte Schulze dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Sonntag. Es brauche neben akuter Hilfe auch nachhaltige, lokale und strukturelle Lösungen, um Gesellschaften von solchen Erpressungen unabhängiger zu machen.
„Die Welt spürt gerade die Verwundbarkeit des gegenwärtigen Agrar- und Ernährungssystems“, betonte die Entwicklungsministerin und verwies auf Bemühungen, um Entwicklungsländer wieder stärker zu Produzenten zu machen und Import-Abhängigkeiten zu reduzieren. „Es ist viel zu leicht, Hunger als Waffe einzusetzen“, sagte Schulze.
Die Kriegsparteien Russland und Ukraine hatten sich im Juli unter Vermittlung der UN und der Türkei auf das sogenannte Getreideabkommen geeinigt. Dadurch sollten Schiffe Getreide, andere Lebensmittel und Dünger über sichere Korridore aus der Ukraine und aus Russland auf die Weltmärkte liefern. Am Samstag verkündete Russland einseitig die Aussetzung der Initiative und begründete den Schritt mit Angriffen auf russische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer. Die Vereinten Nationen forderten eine Fortsetzung der Initiative.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat sich die Hungerkrise in vielen Ländern verschärft. Die Ukraine und Russland zählten vor dem Krieg zu den weltweit größten Getreideexporteuren. Viele Länder in Nord- und Ostafrika waren von Lieferungen aus den beiden Ländern abhängig. Seit der Unterzeichnung des Getreideabkommens konnten laut UN mehr als 360 Schiffe mit 8,1 Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Güter ukrainische Häfen verlassen.