Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat an die Bundesländer appelliert, angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen eine Maskenpflicht in Innenräumen vorzuschreiben. Er sagte am Freitag in Berlin: „Die Richtung, in die wir unterwegs sind, ist keine gute.“ Die Intensivstationen seien wieder stark belegt, einige bereits an der Belastungsgrenze. Auch die Todesfälle nähmen zu. Es sei besser, jetzt mit geringen Einschränkungen zu arbeiten, statt später mit sehr drastischen Einschränkungen reagieren zu müssen, sagte Lauterbach.
Zugleich betonte er, Deutschland sei auf die Herbst- und Winterwelle gut vorbereitet. Es stünden genug Medikamente und gute, an die jüngsten Virusvarianten angepasste Impfstoff zur Verfügung. Er rief die über 60-Jährigen auf, sich ein viertes Mal impfen zu lassen. 70 Prozent hätten die Auffrischungsimpfung noch nicht. Das Sterberisiko bei einer Infektion sinke dadurch um 90 Prozent, sagte Lauterbach.
Der Gesundheitsminister stellte eine neue Corona-Kampagne vor. Sie soll helfen, die Zahl der Infektionen in Deutschland zu verringern und die Impfquoten zu erhöhen. Der Minister erklärte, es gehe nicht darum, den Menschen Angst zu machen, sondern sie zu ermutigen. Die Pandemie sei zurück, „aber wir haben es selbst in der Hand, ob sie ein bestimmendes Thema wird“, sagte Lauterbach. Er betonte, die Aktion sei mehr als ein Aufruf zur Impfung. Es gehe auch darum, Masken zu tragen und aufeinander Rücksicht zu nehmen.
Auf Plakaten und in Spots nennen 84 Menschen einen Grund, warum sie ihren Corona-Schutz aktuell halten. Das Motto der Kampagne, die an diesem Freitag startet, heißt „Ich schütze mich“. So sagt etwa James, ein Musiker: „Ich schütze mich, damit Corona mich nicht aus dem Takt bringt.“ Alexandra, die nach einer Infektion nur knapp dem Tod entkam, sagt: „Ich schütze mich, weil ich meine zweite Chance schon hatte.“ Die 84 Personen stehen für 84 Millionen Menschen in Deutschland. Es sind keine Schauspieler, sondern Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, wie Lauterbach sagte. Die Anzeigen und Spots sind in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen sowie in den sozialen Medien zu hören und zu sehen.
Die Maskenpflicht für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen wird unterdessen weiter kritisiert. Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Freitag): „Das ist eine geradezu obszöne politische Entscheidung.“ Die Menschen lebten dort mit sehr hohen Impfquoten und Schutzstandards, betonte der Chef der evangelischen Wohlfahrtsorganisation. Das Pflegeheim sei ihre Wohnung. „Mir wäre nicht bekannt, dass anderen Bevölkerungsgruppen vorgeschrieben wird, in ihren Wohnungen eine Maske zu tragen“, sagte Lilie. „Wir hoffen, dass die Länder pragmatische Lösungen im Hinblick auf die Maskenpflicht finden werden, wie es schon in einigen Bundesländern der Fall ist.“
Nach den Regeln des seit Oktober geltenden Infektionsschutzgesetzes schreibt der Bund eine einheitliche Maskenpflicht im Gesundheitswesen vor. In Pflegeheimen müssen Bewohnerinnen außerhalb ihrer eigenen Zimmer eine Maske tragen. Diese Pflicht gilt etwa in Gemeinschaftsräumen und auch in der Tagespflege, wo die Menschen meist kein eigenes Zimmer haben. Auch andere Sozialverbände sowie Patientenschützer und Seniorenvertreter hatten bereits deutliche Kritik an der neuen Regelung geübt. In Deutschland leben etwa 800.000 Menschen in Pflegeheimen.