Indien: Gericht spricht Unverheirateten gleiches Abtreibungsrecht zu

Indien: Gericht spricht Unverheirateten gleiches Abtreibungsrecht zu

Frankfurt a.M., Neu-Delhi (epd). Frauen in Indien können künftig ungeachtet ihres Zivilstandes abtreiben. Das hat der Oberste Gerichtshof am Donnerstag in der Hauptstadt Neu-Delhi entschieden. Dass eine Frau nicht verheiratet sei, dürfe nicht dazu führen, dass sie nicht über ihre Schwangerschaften entscheiden könne, erklärten die Richter laut der Zeitung „Indian Express“. „Alle Frauen haben das Recht auf eine sichere und legale Abtreibung“, sagte demnach der vorsitzende Richter Dhananjaya Y. Chandrachud.

Abtreibung bis maximal zur 20. Schwangerschaftswoche ist in Indien unter gewissen Bedingungen legal seit 1971. Die Behörden haben seitdem immer wieder unterschiedlich definiert, wer Schwangerschaften beenden darf. Im vergangenen Jahr erweiterte eine Überarbeitung des Gesetzes die Frist nach bestimmten Kriterien bis zur 24. Woche. Unverheiratete Frauen wurden dabei nicht genannt. Die Richter verwiesen nun darauf, dass in der Überarbeitung das Wort „Partner“ für den Erzeuger verwendet wurde, wie die Zeitung „The Hindu“ berichtete. Das bedeute, dass das Gesetz auch für unverheiratete Frauen zähle.

Das Thema Schwangerschaftsabbruch ist in Indien unter anderem deshalb so virulent, weil in der Vergangenheit gezielt Millionen weibliche Föten abgetrieben wurden. Den Richtern zufolge sollte das novellierte Gesetz die „anhaltende Krise“ unsicherer Abtreibungen angehen, wie „The Hindu“ berichtete. Demnach gelten 67 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche zwischen 2007 und 2011 als unsicher. Ein Grund dafür sei, dass unverheiratete und arme Frauen keine andere Option hätten. Dabei müsse jede Frau das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und Unversehrtheit haben, sagte Richter Chandrachud demnach.

Laut dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) betrifft mehr als jede siebte ungewollte Schwangerschaft weltweit eine Frau in Indien. Fast acht Frauen sterben in dem Land jeden Tag aufgrund einer unsicheren, unsachgemäß und unter schlechten hygienischen Bedingungen vorgenommenen Abtreibung. Mehr als neun Prozent aller jungen Frauen zwischen 20 und 24 Jahren haben vor ihrem 18. Geburtstag mindestens ein Kind bekommen.