Düsseldorf, Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet mit einer „mittelschweren“ Corona-Welle im Herbst. Hoch ansteckende Coronavirus-Varianten wie BA.5 oder BA.2.75 würden für einen „deutlichen Anstieg der Fallzahlen“ sorgen, „aber nicht überproportional für mehr Sterblichkeit“, sagte der Minister der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Samstag). „Wir sind aber auf alle Szenarien sehr gut vorbereitet. Wir werden die Corona-Welle in diesem Jahr im Griff behalten“, unterstrich Lauterbach. Der Virologe Christian Drosten rechnet mit einer starken Corona-Welle noch vor Dezember
Es gebe keine Möglichkeit, die Welle zu verhindern, weil die Varianten hoch ansteckend seien, sagte Lauterbach. „Wir können die Welle nur klein halten. Tatsächlich ist es so, dass solche hochansteckenden Varianten nur zu bekämpfen sind, wenn wir auch die Maßnahmen ergreifen, die das neue Infektionsschutzgesetz ermöglicht“, sagte der Minister.
Der Bundestag hatte am Donnerstag gesetzliche Änderungen zum Corona-Schutz bis zum kommenden Frühjahr beschlossen. Vorgesehen sind einige wenige bundesweite Basisschutzmaßnahmen. Über alle weiteren Schritte entscheiden die Bundesländer je nach Infektionsgeschehen. Im Gesundheitswesen gilt ab Oktober eine FFP2-Maskenpflicht, ebenso im Fernverkehr in Bahnen und Bussen. Fluggäste müssen dagegen keine Masken mehr tragen. Wenn der Bundesrat den gesetzlichen Änderungen zustimmt, treten die neuen Regeln am 1. Oktober in Kraft und gelten bis zum 7. April des kommenden Jahres.
Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass es keine neuen Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie geben werde. „Lockdowns sind nicht mehr vertretbar. Es sei denn, wir kämen zurück in die pandemische Lage. Die Gefahr sehe ich aber nicht“, sagte der Minister. Er verwies darauf, dass es eine deutlich bessere Immunität durch eine Impfquote von 90 Prozent bei Älteren gebe. Zudem gebe „sehr gut angepasste Impfstoffe für die neuen Varianten“, so Lauterbach.
Der Direktor der Virologie an der Berliner Charité, Drosten, sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag), neue Virusvarianten machten wieder stärker krank, so dass viele Menschen ganz unabhängig von Isolationsverordnungen gar nicht zur Arbeit gehen könnten. Auch wenn die Verläufe leichter wären, werde dies wahrscheinlich zu erheblichen Arbeitsausfällen führen.
„Infizierte kommen vielleicht nicht ins Krankenhaus, aber sehr viele sind eine Woche krank. Wenn es zu viele auf einmal sind, wird es zum Problem“, sagte Drosten der Zeitung. Zugleich forderte der Virologe die Politik auf, bessere Vorbereitungen treffen. Sicherlich würden auch wieder stärkere Maßnahmen notwendig sein, etwa Maskenpflicht in Innenräumen. Der politische Prozess müsse optimiert sein, forderte Drosten, „denn im Notfall braucht es sofortige und durchaus einschneidende Entscheidungen“.