Mainz (epd). Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht in der zunehmenden Häufung von Niedrigwasser-Situationen am Rhein eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland und will die Vertiefung der Fahrrinne am Mittelrhein forcieren. Nach einem Spitzengespräch mit Wirtschaftsvertretern in Mainz kündigte er am Montag die Bildung einer „Beschleunigungskommission“ an. Es gehe darum, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die komplizierten Planungsverfahren schneller abzuschließen. An Geld oder Personal werde dies nicht scheitern.
„Hier ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Notlage“, sagte Wissing zu den niedrigen Pegelständen am Rhein, wo Binnenschiffer im Sommer wochenlang nur mit stark verringerter Lademenge unterwegs sein konnten. Deutschland könne sich eine eingeschränkte Schiffbarkeit des Rheins aber nicht leisten.
Zuletzt hatte erst 2018 ein extremes Niedrigwasser die Schifffahrt auf dem Rhein ausgebremst. Behörden und Unternehmen rechnen inzwischen mit einer Häufung derartiger Situationen aufgrund des Klimawandels. Bei Pegelständen wie zuletzt sei die Rohstoffversorgung nicht mehr gesichert, sodass teilweise auch die Abstellung von Produktionslinien drohe, sagte der für das Stammwerk in Ludwigshafen verantwortliche BASF-Manager Uwe Liebelt nach dem Treffen in Mainz. Neben den steigenden Transportkosten und Produktionsausfällen drohe auch ein strategischer Vertrauensverlust bei den Kunden, warnte er. Die Risiken von Niedrigwasser am Rhein stellten einen Standortnachteil für den Chemiekonzern dar.
Um die Lage zu entschärfen, will die Bundesregierung auch die Anschaffung neuer Schiffe mit geringerem Tiefgang fördern. Außerdem sollen die Prognosen zum Pegelstand verbessert werden, damit sich Industrie und Logistikunternehmen frühzeitig besser auf drohende Problemlagen einstellen können.
Insbesondere der Mittelrhein um den Pegel von Kaub bildete zuletzt einen besonderen Flaschenhals für die Binnenschifffahrt. Umweltschützer lehnen die Rheinvertiefung ab, weil dem Fluss dadurch kein zusätzliches Wasser zugeführt würde und ökologisch wichtige Uferbereiche schneller trockenfallen könnten. Auch der nordrhein-westfälische Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) hatte die Pläne des Bundes kritisiert.
Wann Arbeiten zur Vertiefung der Fahrrinne tatsächlich stattfinden könnten, wenn die angekündigte Kommission erfolgreich arbeitet, konnte Wissing am Montag auf Nachfrage nicht sagen. Die sehr langen Planungsphasen hätten mit komplizierten Vorgaben des EU-Rechts zu tun, aber auch mit dem Wunsch, Klagen von Umweltverbänden zu vermeiden, sagte der Minister. Sobald Baurecht vorliege, würden die Arbeiten mit „maximaler Geschwindigkeit“ ausgeführt.